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Weihnachtsgebräuche in Burg
[Am Christabende369, wenn es dunkelt, strömt alles der Kirche im Dorfe zu, Alt wie Jung, auch die Kinder. Heut brennen die Kronleuchter und bald glänzen zahllose Lichter und Lichtchen aus dem Dunkel, die jeder vor sich hat, um sehen zu können. Keine bestimmte Ordnung gilt, jeder Platz ist genehm. Geschlossen treten nur die »Spinnerinnen« auf und stellen ihre Lichter in langen Linien, ein herrlicher Anblick, auf den Holzbrüstungen nieder.] B.
In der Nacht zum ersten Feiertage kommt das heilige Christkind und setzt um Mitternacht die Geschenke auf den Tisch. Darum legen auch Kinder vor dem »Schlafengehen« ein Stück Kuchen auf denselben, was am Morgen verschwunden ist. »Das hat das Christkind genommen.«
Am ersten Feiertage [wie auch zu Ostern und Pfingsten] gehen Frauen und Mädchen in schwarzen Röcken und Jacken, weissen Tüchern und Mützen.
[Am letzten Abende des Jahres ist überall festlicher Gottesdienst. Wiederum brennen die Kronleuchter, erglänzen wie Sterne die festlichen Lichter. Trotz Eis und Schnee, Schmutz und Morast eilt alles von fern und nah zur Jutschnja. – Still und andächtig wird der Abend verlebt, kein Lärmen und Schreien, keine Lustbarkeit, nur hier und da hallt ein Schuss durch die Nacht; kein Betrunkener zieht seine Pfade. Still und gesammelt verbringt die Familie den Abend, vertieft in Bibel und Gesangbuch. Wenige nur erwarten das neue Jahr.] B.
[Am ersten Weihnachtsfeiertage findet in den Schulen gegen Abend eine jutřnja370 statt. Schon lange vor Beginn derselben finden sich die Schulkinder und eine zahllose Menge Schaulustiger ein. Bald sind Schulsaal und Flur überfüllt und selbst draussen sammelt sich die Menge. Innen harren in schwarzen Brust- und blendend weissen Kopftüchern die Mädchen, vor sich eine jede ihr Lichtchen, ebenso die Knaben. Zwischen beiden strahlt ein mächtiger Christbaum, geschmückt mit Kuchenwerk, goldnen und silbernen Nüssen, hoch auf der Spitze den goldenen Stern. Wohl ruhen die Augen mehr auf den feingeschnittenen Mädchenköpfchen als auf den Knaben, denen jede Volkstracht fehlt. Das liebliche Bild, welches diese Kinderschaar mit den glänzenden Augen und bewegten Zügen, umhüllt vom lichten Glanze so vieler Kerzen, gewährt, bleibt unvergessen in der Erinnerung. Die freudige Bewegung weicht feierlicher Ruhe, sobald in festlichem Gewande der Lehrer durch die Menge sich drängt; festliche Worte vor dem Christbaume spricht. Danach werden Lieder gesungen und Weihnachtsfragen gestellt. Zuletzt singt Gross und Klein, und mächtig schwillt der Gesang der Weihnachtslieder, in vollen Tönen die Feier beendend.] B.
An den ersten Feiertagen zu Weihnachten, Ostern, Pfingsten soll man nicht – stampfen, Holz hauen und dergleichen Lärm machen, sonst giebt es Ungeziefer, Ratten und dergleichen, so weit der Lärm zu hören ist.
– Stiefel schmieren, sonst giebt es Läuse. G.-S.
In der Zeit »mjaz gódami371, zwischen Weihnachten und Neujahr« –[131] können die Dienstboten für sich arbeiten und brauchen nur das Vieh abzuwarten (soll man nicht spinnen und waschen). B.
– spinnen Mägde und Knechte; – aber Wirth und Wirthin nicht, weil sonst die Mäuse den Flachs besegen. Sylow.
Zwischen Weihnachten (letzten Feiertag Abend) bis Neujahr können die Mägde für sich spinnen. Werben.
– W. und Neujahr wird gesponnen (?). Riegel.
– mjaz gódami,372 spinnen alle Leute, bloss die nicht, denen Kinder gestorben sind. Bohsdorf.
In der Sylvesternacht373 soll man – in der zwölften Stunde – auf den Kreuzweg (sćižna droga) gehen und hören.374 Wenn man hört: Schafe klingen, giebt es ein gutes Jahr;
mit Wasserkannen rumpeln, im folgenden Jahre Feuer, und zwar da, wo man es hört;
schlagen oder mit Brettern klappern, so stirbt jemand im Hause;
im Garten pfeifen (šwikać), so wird daselbst im Hause ein Diebstahl ausgeführt;
Musik, Geigen spielen oder dergleichen, so giebt es Hochzeit. S.
– Blei giessen. Werben,
– Holzscheite schnell ergreifen und nachher paarweise fortwerfen. Hören sie paarweise375 auf, so paart man sich im selben Jahre, sonst nicht. Bagenz?
– schweigend um das Gebäude gehen, oder na woslonišćo (auf den Holzplatz)376 an eine wilde Holzbirne sich hinstellen ganz still und hören, was geschieht: Wenn Bretter zusammengeschlagen werden, stirbt einer im Dorfe, wenn mit Holzfässern gerumpelt wird, bedeutet es Feuer, wenn das Schwein grunzt (ricy), so kommen Diebe oder Spitzbuben. S.
Am Sylvesterabend werden kleine Thiere von Mehl gebacken, als Kühe, Schweine, Schafe, ein Huhn oder eine Gans mit Eiern ringsherum u.d., für jedes Stück Vieh eine »Figur«, za kužde skóće jeno lětko [ein Jährchen von lěto Jahr]. Die bekommt das Vieh zu fressen, sowie die Wirthin am Neujahrsmorgen in den Stall kommt. Ausserdem werden lětka für die Kinder gebacken, für den Jungen: ein Reiter, Pferd, Stier, sitzender Affe nawpa, der eine Nuss hält, Esel, Kamel, Pfeife u.s.w. (was von Teig zu machen ist), das Mädchen: eine Wiege oder Puppe oder Gans mit Eiern, ein paar Kühe, kurz Dinge, womit eine Weibsperson zu schaffen hat. Diese bekommen die Kinder zu essen.377 S.[132]
Am Sylvesterabende ging zuerst der Kuhhirte herum, tutete dreimal vor jedem Hause, vor dem Fenster, »wünschte Neujahr« und sagte dabei:
»Ich wünsche von jeder Kuh ein Kälbchen,
Von jeder Sau ein Ferkelchen,
Und Ihnen [Euch] wünsche ich eine recht reiche Frau von zehntausend Thalern.«
Dann kam der Schweinehirte und sagte:
»Horch, horch, hörschter,378
Hängen drei Bratwörster.
Gieb mir die langen,
Lat [lass] die kurze hangen.
Gieb mir 'nen Schweinekopf,
Ist besser wie 'ne Bratwurst.
En Stucksken [Stückchen] Speck,
Geh ick bald wieder weg.
Gebt mir 'n Ende Schnüre [Schnur],
Die Mächens liegen gern auf die Müre379.
Gebt mir 'ne Ende Schwehl [Schwefel],
Die Mächens ihre380 wird gehl [gelb].
Gebt mir 'n Glas Bier,
Ander Jahr um die Zeit bin ick wieder hier.«
Während er das sagte, rannte man in den Garten und band Strohbänder um jeden Baum, das hiess »die Bäume beschenken.« G.-S.
Am Sylvesterabende, gerade, wenn in der Stube Licht gemacht wird, soll man dreimal um das Haus laufen, so sieht man, was im Jahre geschehen wird. G.-S.
Wenn eine Hausfrau nach Neujahr zum ersten mal backt,381 so soll sie oben in das schönste oder grösste Brot soviel Löcher machen, als Seelen zur Familie gehören und die Löcher müssen nach dem Alter der Familienglieder folgen. Dann in jedes Loch ein paar Körner Salz schütten, und wenn das Brot fertig gebacken ist, nachsehen, wie die Löcher aussehen. Wo das Loch schwarz geworden ist, stirbt der Betreffende zuerst. Ist es sehr aufgesprungen, so wird er krank. Ist eines sehr breit gezogen, so bedeutet es: der Betreffende zieht weg, wandert aus.[133]
Zu Neujahr wünscht einer dem andern: »Daj wam Bóg gluku na to nowe lěto, ažby strowy byli. Bóg čěł wam hobradźić, což wam nejlubše a trjobnejše jo, měr a bože žognowanje. Gebe Euch Gott Glück zum (auf das) neuen Jahr, dass Ihr gesund bleibt [sein möget]. Gott wolle Euch bescheren, was Euch am liebsten und bedürftigsten ist, Ruhe [Frieden] und Gottes Segen«. Und der andere spricht dankend: »Tebe tež tak wele, kaž nam winšujoš, witaj k nam. Dir auch so viel, wie Du uns wünschest.382 Sei willkommen bei uns.« S.
Zwischen Weihnachten und heilige Drei Könige383 spann einmal eine Spinnerin, da wurde ihr eine Mulde voll Spindeln ins Haus geworfen, die sollte sie vollspinnen. Neustadt.
– haben die Alten nicht gesponnen; jetzt spinnen sie aber. (v.?) Proschim, Prožim.
– wird in Werben und Bagenz gesponnen, Knechte und Mägde können abends für sich spinnen, doch soll man in dieser Zeit mjaz godami keine Hülsenfrüchte essen, keinen Mist ausbreiten, keine grosse Wäsche haben. Werben.
– an den »Dreten« [dreizehn] soll man keine Hülsenfrüchte (z.B. Erbsen) kochen, sonst kriegt man lauter Geschwüre (am Arsch). G.-S.
Zwischen Weihnachten und Neujahr384 thut Frau Harfen, Herften, Koth in den Rocken, wenn jemand spinnt. Heiligensee bei Tegel.
In Steinkirchen, Kamena, und Duben [beide jetzt deutsch] erscheint in den Zwölften die Morawa, Murawa. Duben.
– Zwischen W. und heilige drei Könige spinnen die Mädchen, aber man soll keine Erbsen essen, keine Wäsche aufhängen, keinen Mist fahren; das ist alter Brauch. Aber am 5. Januar Abends, auf den Abend vor Matthäus, soll man nicht spinnen. S.
– soll man nicht spinnen (?), – wird gesponnen (?) Neustadt.
– soll man nicht spinnen, sonst besegt die chodota (Hexe) den Wocken und die Schafe kriegen die Drehkrankheit (te wojce worduju kołorotne), ebenso die Fohlen (žrebjetko). Waschen darf man, aber nicht mit Asche die Wäsche auskochen, das ist Sünde, grěch385. Preilag bei Peitz.[134]
– wird gesponnen. Jämlitz, Gablenz, Weisswasser, Mühlrose.
Vom zweiten Tage vor Weihnachten bis heilige drei Könige wird nicht gesponnen. Gross-Döbern.
An heilige drei Könige, na třoch kralow386 – findet immer eine gromada, Gemeindeversammlung statt. Es werden die Berechnungen vorgenommen, die jungen Wirthe, welche im vergangenen Jahre Hochzeit machten, müssen Hochzeitsgeld (swarbaŕske) zahlen. Ebenso werden junge Wirthe in die Gemeinde aufgenommen.387 S.
– findet immer die gromada hoklapnica388 statt. In derselben müssen die jüngeren Wirthe, welche im vergangenen Jahre in die Gemeinde aufgenommen wurden, etwas zum Besten geben. »Weil es manchmal zu Schlägereien gekommen ist, darum heisst sie hoklapnica«. B.
– ziehen drei Burschen umher, in weissen Hosen, weisser Bluse (ein Hemde), mit rother Schärpe und grossem »Dreimaster« (Hut von Pappe, weiss und grau beklebt und mit goldnen Sternen). Einer hat einen langen Stock und auf demselben einen drehbaren Stern, ein anderer klingelt mit einer Klingel. So fragen sie vor den Häusern an, ob die drei Weisen aus dem Morgenlande eingeführt werden können, und singen:
»Wir sind drei Weise aus dem Morgenland,
Die Sonne hat uns sehr schwarz gebrannt.
Ich bin schwarz, Du bist schwarz und mein Bruder ist auch schwarz«. Werben.
– kamen früher junge Burschen aus Cottbus u.a.O. nach dem Spreewalde. Sie hatten geschwärzte Gesichter, waren verkleidet in Hemden, mit Bändern, hatten spitze Mützen, einer auf einer dreizackig endenden Stange ein Kreuz und einen goldnen Stern. Singend drangen sie in die Häuser und verlangten Eier und Speck. Ihr Hauptgesang war:
»Wir wünschen dem Wirth einen goldenen Tisch,
Auf allen vier Ecken einen gebratenen Fisch.
Und in der Mitte eine Kanne mit Wein
Dabei er kann brav lustig sein.
Wir wünschen der Wirthin einen jungen Sohn.
Dem Sohn' ein gesatteltes Pferd,
Zwei Pistolen und ein blankes Schwert.
Wir wünschen der Tochter eine kupferne Kann'
Zu lieben des Jahres einen pucklichten Mann«
und:
»Wir singen drei Engel einen süssen Gesang u.s.w.«
Während sie sangen, schlich sich einer zur Thür hinaus, wie Herodes schlich. Weil sie aber zu aufdringlich wurden und in Abwesenheit der Männer Frauen und Kinder ungebührlich brandschatzten, so wurde die Sitte vor mehreren Jahrzehnten verboten. Doch kam noch vor 20–25 Jahren ein »Herodes« nach Burg. B.[135]
Die Seuche. Es war einmal ein Mann, Batko, von Burg, der fuhr von Neudorf Nowa wes, aus der Mühle. Unterweges kam eine Weibsgestalt auf den Wagen und der Wagen wurde immer schwerer. In der Angst sagte er nichts und wie er lange nichts gesagt hatte, fragte ihn das Weib: »Warum sagst Du nichts? Die Ochsen ziehen doch so schwer?« Da sagte er: »Ich fürchte mich« und das Weib sprach: »Du sollst Dich nicht fürchten, Dir soll nichts geschehen, ich bin der Tod vom Vieh. Du sollst Deine Ketten nehmen und sie in das Fass stecken und sollst Lärm machen, dass Dein Vieh mich nicht hört. Denn was mich vom Vieh im Dorfe hört, das ist des Todes.« Und dieselbe Nacht fiel alles Vieh, was das Brüllen hörte. Aber des Mannes Lärm hatte auch des Nachbars Vieh gehört. Dessen Vieh war auch gerettet, alles andere Vieh aber war gestorben. Seit dem Tage wird Sebastianstag [20. Januar] gefeiert. An dem Tage muss jeder frisches Fleisch im Hause haben389 und wenn es ein Pfund ist. Denn hat er es nicht, so hat er es bald zu Hause, weil sein Vieh stirbt. An diesem Tage spannt auch niemand an, das ist einmal ein solcher Tag. Burg bei Burghammer.
Zwischen Weihnachten und Fastnacht schneiden Jungen in hohle Kürbisse390 Augen, Nase und Mund, hängen gegen die innere Seite ein rothes Tuch und stellen ein Licht hinein. So gehen sie herum und kommen vor die Häuser. Mancher erschrak zu sehr, darum ist 's mehr und mehr abgekommen.
Nach Weihnachten erschien der [Siebreiter], ferner wurden umgeführt: der Ziegenbock, der Erbsstrohbär. (Ein Klapperstorch wird bei Heirathen herumgeführt). G.-S.
Vor Fastnacht391 ist Wammatz [?] Hahnschlagen? Gross Klessow bei Lübbenau.
In Buchwalde (deutsch) der [Siebreiter].
Beim bara wózyć hat der »Bär« einen umgekehrten Pelz an, ein Blech auf dem Rücken und muss tanzen, von einem andern an der Kette geführt. Im Dorfe herumgehend sammelt man ein. [wo?]
Einer wird als Bär in Erbsstroh gewickelt, auf dem Rücken unter dem Stroh ein Brett; darauf schlägt man ihn. Müschen.
In Riegel soll der [Schimmelreiter] bis vor zehn Jahren herumgeführt worden sein. Vorn und hinten ein Sieb, darüber ein weisses Tuch, hielt er mit den Händen die přeslica, Wockenstock (von dem alten rećeno) als ausgestopften Pferdehals und Kopf vor sich hin. Viele andere (ta bórša) waren dabei, machten Musik, sammelten Eier, Speck u.s.w. ein. Burg bei Burghammer.
Zu Fastnacht wurde früher wie noch in den benachbarten Dörfern gezampert (camprowaś, camperowaś, camarowaś) [samperować]. Mit Spielleuten gingen die »Jungen« [bezirksweise] zu den Angehörigen der Spinnstuben und sammelten Eier, Speck, Käse u.s.w. Der Einsammler trug einen Weiberrock und eine Kiepe auf dem Rücken, die anderen Flachsbärte über den Gesichtern. Sie sangen z.B.:
»Zampa, zampa in der Gasse,
Führt den Branntwein in die Flasche.«
Oder:
»Eier in den Kober,
Geld in die Tasche,
Branntwein in die Flasche,
Lasst mich nicht zu lange steh'n
Wir wollen heute noch weiter geh'n.« [136]
Oder:
»Campa, campa in die Gassen,
Bier in die Flaschen,
Eier in den Kober,
Gebt mir 'n Stück Speck,
Geh' ich von Eurer Thüre weg.«
Am Abend tanzt man, auch die Frauen.392 Je höher man springt, desto höher wird der Flachs. B.
Am letzten Spinnabend vor Fastnacht machen sich (z.B. in Zerre) in den Spinnstuben Burschen wie Mädchen gegenseitig mit Russ (cazy) die Gesichter schwarz; je mehr, desto besser. Dazu macht man die Finger nass und wischt sie in den Kamin. Den Mädchen nehmen die Jungen dazu auch die Hauben herunter. Zuletzt sind die Gesichter ganz schwarz und nur die weissen Augen zu sehen. Darum heisst der letzte Spinnabend carny wečor, schwarzer Abend oder cazowečor, Russabend.
Früher wurde in Schleife in der Spinnstube (přeza) bis cazowa sroda [einem veränderlichen, unbestimmten Tage] gesponnen. S.
Zu Fastnacht, am zweiten Fastnachtstage, gehen des Vormittags die Burschen mit Körben umher, in Frauenkleidern, Larven vor dem Gesicht, geschwärzt, Flachs auf dem Kopfe, mit Schnurrbärten von Flachs und erbitten Eier, Speck, Geld u.d. Dabei führen sie »Bär, Pferd, Kamel« herum, nachmittags ziehen sie von Haus zu Haus zampern, jeder Bursche hat eine Ruthe von der gelben Weide393 mit rothem Bande an der Spitze. Wo sie Einlass finden, gehen sie in die Häuser, bekommen Essen oder Trinken und tanzen. So durch das ganze Dorf. Dann gehen sie ins Gasthaus (Schenke) und tanzen. Abends müssen die Mädchen die Jungen freihalten und ihnen ein gewisses bezahlen für das Spiel [der Spielleute] und für den Trunk. S.
In der Zeit von Weihnachten bis Fastnacht ist: mjedweźa wozyś Bär führen, auch starego a młodego wozyś, Alten und Jungen führen. Preilag.
Zu F.: Pferd führen, die Begleiter heissen campraki, ferner: bara wózyć, Bär führen; baćona wozyć den Storch führen. Als des Storches Hals mit Schnabel dient eine Kriebatsche, přesłica mit weissem Tuche umwickelt. Gablenz, Jämlitz. In den Spinnstuben: młodego a starego wozyć. Gablenz.
In Gross-Leuthen [?] (Kreis Lübben) wird eine etwa armdicke Stange, von etwa 7–8 Fuss Länge an der Pflugkarre, die 4 Mann ziehen, mit den beiden Rädern befestigt, an dem freien Ende der Stange ein grosses Wagenrad, auf dem zwei Burschen (sich festhaltend) stehen und alle Bewegungen des fortgeschleiften Rades mitmachen.? B.
Zu F. am zweiten Tage, geht in Schönhaide Prašwica (auch in Rowne u.a.O.) beim Zampern die doppelte Person herum, wendisch: Ten medły njeso žywego, der Todte trägt den Lebenden (t.m.z. nosy, Rowne). [Diese Worte sollen auch sprichwörtlich sein.] Dabei geht ein Mann herum und hat vor dem Leibe eine schräg abstehende Puppe aus Stroh aufgebunden. Dieselbe besteht aus einem Oberleib mit angezogener Jacke und einem Kopfe mit Larve (larba) und Armen. Vom Rücken des Mannes hängen die Beine der Puppe herunter und bestehen aus ausgestopften Hosen und Füssen in Stiefeln. So tanzt und springt der Doppelmensch herum, sieht zum Erschrecken aus. Schönhaide. Rowne.[137]
An F. wird auch das Pferd umhergeführt, auch bara (Bär) wózyć. Der »Bär« ist ein Bursche, in umgekehrtem Schafpelze und ganz in Stroh eingewickelt. Schönhaide.
Końa wózyć ist überall Gebrauch in den wendischen Dörfern bei Muskau; auch in der Niederlausitz.
Das Pferd ist immer ein Schimmel. Um ihn herzustellen, braucht man drei grosse Siebe [d.h. nur die breiten Holzreifen ohne das Drahtgeflecht]. Das Hintertheil des Schimmels bilden zwei Siebe, von denen das eine kreuzweis in das andere gesteckt wird. Sie werden dem Burschen, der das Pferd »macht«, gegen den Rücken [mit Riemen über die Hüften] festgebunden. Ein drittes Sieb wird vor den Leib, gerade abstehend, gebunden; es bildet das Vordertheil des Pferdes. Ueber die Siebe werden zwei weisse Leinentücher genäht, so entsteht der Leib, dem Manne ein rother Weiberunterrock über die Schultern gehängt, der auf dem Pferderücken aufliegt; hinten wird ein Schweif von Flachs angenäht. Zu Kopf und Hals des Pferdes wird eine přeslica eine Kriebatsche394 [statt dessen neuerdings auch ein besonderes Holzgestell] genommen, mit Stroh kopf- und halsartig umwickelt und mit weisser[138] Leinewand umnäht. Augen, Nüstern und ein schwarzer Fleck mit Russ aufgemalt, ein Zaumzeug mit Gebiss angelegt, und Zopf und Mähne von Flachs aufgenäht. Dann werden dem Burschen, der den Kopf mit beiden Händen trägt, die Zügel um den Hals gelegt, so ist das Pferd fertig. Dieses macht Sprünge, reisst sich los, schlägt aus, stösst, wiehert, kriegt Hunger, will Eier und Speck fressen und paleńz trinken. Das Pferd führt am Zügel ein andrer, irgendwie als Begleiter vermummter, eine Peitsche oder Knute in der Hand. Dieser vom Pferde geschlagen, fällt hin, läuft ihm nach, schlägt es u.d.m.
Hinter dem Pferde bilden noch andere Vermummte den Zug, z.B. ein Trommler, eine Larve vor dem Gesichte, eine Giesskanne als Trommel, Zweige als Trommelstöcke; eine Strumpfwirkerin, weiblich angekleidet, Strümpfe strickend, einen Semmelkorb unter dem Arm; ein Mann im umgekehrten schwarzen Schafpelze, einen Semmelkober umgehängt. So zieht der Zug, voll unverwüstlicher Heiterkeit, umschwärmt von den Kindern, durch das Dorf von Haus zu Haus und sammelt ein. Im Hause bekommt der Schimmel Hunger und möchte Speck haben. »Na, ein Pferd frisst doch keinen Speck« sagt die Wirthin, während das Pferd wild sich bäumt. »Ja, das Pferd frisst Speck. – Eine Wurst wird es wohl auch nehmen! – Ja, wenn einmal kein Speck ist, frisst es auch eine Wurst.« Dann wird ihm eine zusammengebundene Wurst um den Hals gehängt. »Das Pferd ist auch durstig. – Dann soll es Wasser bekommen. – Wasser säuft es nicht, Branntwein! – Ein Pferd trinkt doch keinen Branntwein nicht. – Ja, das trinkt aber welchen. Na, Liese, gieb ihm die Flasche da auf dem Tisch«, und so thut das Pferd einige kräftige Züge aus der Flasche. S.
[139] Bara wózyć, den Bären führen. Ein Bursche wird ganz in Haiduschstroh [von Buchweizen], hejdyšnina, eingewickelt, der Leib wie Hände, Arme, Beine und Füsse, alles breit umwickelt gleich einem Bären; ebenso wird der Kopf bewickelt. Ueber den bekommt der Bär ein Zaumzeug von Haiduschstroh und wird von einem anderen als Führer an einer Kette von Stroh [auch eisernen] geführt. Der Bär hat auch einen Tanzknüppel, denn er tanzt. S.
Der baćon Storch wird an einem Abende vor Fastnacht in der Spinnstube umhergeführt. Der Bursche zieht einen Pelz verkehrt an, in einen Aermel wird als Hals (Kopf) und Schnabel die přeslica hineingesteckt, das eine Ende derselben als Schnabel roth umwickelt. Sind rothe Hosen zu kriegen, hat der Storch auch solche auf den Beinen. So geht er umher und biegt und streckt sich wie ein Storch. S.
Bis vor etlichen Jahren wurde auch in Burg noch das Pferd umhergeführt. Früher geschah es also. Der Herr ritt auf einem weissen Pferde. Dazu wurde ihm der Holzreifen von einem grossen Futtersiebe [ohne Draht] hinten aufgebunden u.s.w., vorn als Pferdekopf die přeslica [auch später die vom Spinnrade]. Das Pferd hatte vier Beine, alle ausgestopft und bezogen. Der Reiter war nur von den Hüften an zu sehen. Das Pferd bedeckte ein weisses Tuch. Der Reiter war wie ein reisender, feiner Herr; er hatte einen Jäger, zwei Köche und »Bediente« [Diener]. Kam der Zug an ein Haus395, so gingen zwei vor und meldeten an, es käme Einquartierung von so und so viel Mann. Dann wurde Platz gemacht, der Herr ritt in der Stube herum, und sprang mit dem Pferd auf Bänken und Tischen umher, sagte: er wäre hungrig, der Koch sollte Kaffee kochen und braten, was der Jäger hätte. Dann fragte der Koch um Erlaubniss, ob er hier für seinen Herrn in der Stube kochen könnte, brachte sein Holz herbei und bereitete [alles blind] das Fleisch, das sie schon mitgebracht hatten. Und fragte wiederum den Herrn, ob er noch mehr Braten wünschte. Ein Sperling, den sie mitbrachten, wurde in der Stube in die Luft geworfen und danach schoss der Jäger. Die Diener brachten die Holzscheite herbei und auf ihnen wurde der Braten zugerichtet. B.
In der F. soll der Mann mit der Frau viel tanzen, auch die Dienstmägde396, dann wird der Flachs gut. S.
Zu F. wird Unsinn, Schabernack mit den Wirthen getrieben, z.B. Räder vom Wagen abgezogen und, ebenso wie Pflüge, Eggen, auf Dächer und Schornsteine gelegt, mit Fensterladen Schornsteine zugedeckt, Abtritte weitergeschleppt u.d.m. Hier, wie überall, Tanz, damit der Flachs »eingetanzt, festgetrampelt« wird. Werben.
An F. und den Tag vor F. nicht Dünger fahren. S.
Am 1. April kann man (Narren herumschicken) Lügen vorlügen. S.
An den Marientagen: Winter-Marie, zymna Marja [2. Februar]; grüne Marie, zelona Marja [25. März]; Maria vor der Ernte, předežnjowska Marja [2. Juli] soll man nicht spinnen. Mühlrose.
An ćedežnjowska Marja soll man nicht in die Haidebeeren [Besinge] cerne jagody gehen, denn da kommt die Maria auf weissem Pferde angeritten und nimmt die Kinder mit, die in den Haidebeeren sind. S.[140]
Wenn man am »Marientage um Johanni« [2. Juli], Marje domapytanje, in die »Beeren« cerne jagody geht, sieht man die heilige Maria auf dem Klotze sitzen und sich die Haare kämmen, »Marja sejdźi na peńku a cesa sebi włosy.« – An einem Marientage hat ein Bauer während des Gottesdienstes einen Baum umgehauen und ist dann na peńku (auf dem Baumstumpfe) sitzen geblieben. (Wo?)
Wenn die Kinder am »Marientage nach Johanni« in die Blaubeeren gehen wollen, dann sagt man: »Geht nicht in die Blaubeeren, da sitzt die Maria auf dem Stamm, Marja na peńku, und kämmt sich die Haare.« Bohsdorf, Bóšojce.
Wenn der Schäfer die Sonne zu Marien [zymna Marja] in den Stall scheinen sieht, sieht er lieber den Wolf in der Heerde397. S.
Am Aschermittwoch398 soll man sich mit Ruthen hauen399, dann kriegt man nicht die Krätze und das Reissen in den Händen. Werben.
– nicht Dünger fahren. S.
Die Hühnereier, die auf grünen Donnerstag, zelony stwórtk, gelegt sind, werden aufgehoben und zum Brüten der Glucke (pata, patawa) untergelegt, dann sehen die Kücken hübsch aus. S.
Wenn es am Charfreitag400 regnet, kann es das ganze Jahr regnen, es bleibt doch trocken401. S.
Von Fastnacht bis Ostern, alle Sonnabend und Sonntag Abend und den ganzen Sommer bis Bartholomäi [15. Aug.] singen alle freiledigen Mädchen des Dorfes, dabei sitzen sie auf einer im Viereck gemachten Holzbank; diese steht in der Mitte des Dorfes und kein anderer setzt sich darauf hin. S.402
Ausserdem wird, wenn viel Regen ist, wöchentlich abends um trocken Wetter gesungen; wenn trocknes Wetter, dagegen um Regen, immer Lieder aus dem Gesangbuche.
Ausserdem gehen an Schlossentagen (ten krupny swědźeń) die freiledigen Mädchen bei Tage die Feldwege entlang und singen Busslieder. Solche Schlossentage, an denen früher grosse Schlossen gekommen, sind in Schleife: der 1., 2., 5. und 29. Mai. S.[141]
In der Osternacht403 von Mitternacht bis Sonnenaufgang am ersten Osterfeiertage wird von den Junggesellen der Dreischlag404 (bajro wańe) geläutet, und geschossen. S.
Früh Morgens bei Sonnenaufgang am ersten Osterfeiertage wird schweigend Osterwasser geholt; dabei wirft einer den anderen ins Wasser. Zu Hause begiesst man sich.
Wer Osterwasser hat, bleibt gesund; wer sich damit wäscht, behält gute Augen.
Die Ostereier, jastrowne jajka, müssen am ersten Osterfeiertage gekocht405 sein, dann wird das Ei nicht »stinkig«. S.
Die Kinder holen sich bei ihren Pathen die »bunten Eier«, pisane jajka, den Pfefferkuchen, papreńc, und die Ostersemmel, jastrowna całta406. S.
Die Mädchen, die die Osterlieder u.a. singen, geben jede zwei Ostereier an die beiden »Jungen«, die im Jahre die vierseitige Bank für die Sängerinnen im Stande halten und ausbessern. Ausserdem schenken sich die jungen Leute untereinander Eier als Zeichen der Gunst und Neigung. S.
In den Osterfeiertagen wird mit Eiern »gewaleet«, walkować, auch von Erwachsenen (ledigen und verheiratheten). Dazu wird eine »Walk«, jeden walk, gemacht: eine Bahn, welche schräg in die Erde führt, oben schmal, nach unten sich verbreiternd. Sind z.B. drei Spieler, so kullert der erste ein Ei in die Walk herunter. Trifft dann der zweite das erste Ei mit einem zweiten, so ist das erste »geschlagen« und kommt in den cyck, eine kleine Vertiefung seitwärts neben dem Walk. Das geschlagene Ei zahlt ein oder zwei Pfennige an den Treffer und so wird weiter gewaleet. S.
Am Ostermorgen tanzt die Sonne. G.-S.
»Die ganze Osterwoche« soll man nicht mit Lauge waschen, sonst schwären den Kindern die Finger. Spreewald?
369 Am heiligen Abend erscheint in der Gegend von Warmbrunn das »Christkind, Ruprecht und St. Petrus.« Das Christkind ist weiss gekleidet, einen weissen Schleier über den Kopf, eine goldene Krone auf dem Kopfe, in den Händen eine Wiege und Ruthe. Ruprecht ist schwarz, in umgedrehtem Pelze, mit schwarzem Gesichte, grossem Stocke, Sacke mit Scherben, auf dem Kopfe ein spitzes Gestell aus Holzstäben. St. Petrus ist weiss, mit schwarzem Schnurrbarte, mit hoher goldener Krone (gleich einer runden Tüte, oben ausgezackt), Stocke und grossem Bunde Schlüssel. Nachdem vorher die Bescherung dem Christkinde übergeben, spricht Ruprecht:
»Flitsch, flatsch, fladerwisch.
Draussen ist mir's noch zu frisch.
Ich wer' mich ei [in] die Stube packe,
Und vertreibe Kinder das Lache.
Ich will sie schnupp' an die Nose
Und will sie f.rtzen aus dem Orźe.«
Das Christkind setzt die Wiege, darinnen eine Puppe und Bettzeug, auf einen Stuhl und wiegt, spricht:
»Ach, Joseph mein!« [zu Ruprecht].
R. »Was soll denn schon wieder sein?«
Chr. »Was soll des Kindes seine Wiege sein?«
R. »Draussen im Stall hat's ein Krippelein,
Das soll'n des Kindes seine Wiege sein.«
Chr. »Ach Joseph mein!«
R. »Was soll denn schon wieder sein?«
Chr. »Was soll'n denn des Kindes seine Windeln sein?«
R. »Draussen im Stall giebt's Stroh und Heu,
Das soll des Kindes seine Windeln sein.«
Nun steht das Christkind auf und Ruprecht läuft herum und schmeisst mit dem Sack. Dann spricht
St. Petrus: »Sanct Petrus werd' ich genannt,
Die Schlüssel trag' ich in meiner rechten
Hand.
Die Krone trag' ich auf meinem Haupt,
Das hat mir Gottes Sohn erlaubt.«
Chr. »Wenn die Kinder fleissig beten und singen,
Dann werd ich ihnen eine grosse Bürde
[Bündel] bringen.
Wenn sie nicht beten und singen,
Dann kriegen sie [die] grosse Ruthe.«
Alsdann betet das Kind, das beschert kriegt und das Chr. greift aus der weissen Bürde die Geschenke für die Kinder heraus. Es spricht
R. »Na, wenn Ihr dieses Jahr artig seid und folgsam,
kommen wir das nächste Jahr wieder und bringen
eine grössere Bürde. Gute Nacht.«
Dann gehen alle ab. Schlesien.
370 Auch bóža noc genannt. Diese Feier soll seit 30–40 Jahren gebräuchlich sein.
371 Im Allgemeinen kann für diese Gegenden gesagt werden, dass in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr oder heilige drei Könige, und den Vorabenden zwar nicht von den Dienst-Herrschaften aber von dem Dienstgesinde gesponnen wird.
372 Diese Zeitbeachtung m.g. [zwischen Weihnachten] scheint in der Muskauer Gegend bis Schleife hin nicht bekannt, wenigstens fand ich die Leute im Unklaren über mez gódami.
373 S. in Burg: ten slěny źeń togo lěta, Schleife: sylvestara, ćed nowem lětom. Im Teltow isst man Karpfen und trägt die Schuppen das ganze Jahr im Geldbeutel, dann hat man Glück, das Geld wird nicht alle.
374 »Vor dem siebenjährigen Kriege (sagen die Alten) sind die Junggesellen und Mädchen schweigend auf den Kreuzweg gegangen und haben grosses Wagenrasseln, dann jokanje na kónje. Antreiben der Pferde u.a.m. gehört, das bedeutete den Krieg.« S.
375 Behält man zuletzt zwei Stücke Holz, und nicht eins, in der Hand.
376 Früher, vor etwa 30–40 Jahren, hatte man bei Schleife nur wilde Birn- (auch Apfel-) Bäume in den Gärten und Höfen; neben solchen lagen dann auch Reisig und Holz. Angeblich geht man darum an die wilden Birnbäume, weil sie Schutz vor Kälte geben!
377 »In der Sylvesternacht sollen die Mädchen, den Mund voll Grünkohl, auf einen Kreuzweg gehen. Wer dann zuerst kommt, wird ihr Mann.« Neumark.
378 Hörschter angeblich [wie hoch, höher] von Horscht, Horst, Erhebung, Erhöhung in nassem Umlande, wendisch: wotřow, daher häufig Name von Landstücken z.B. wěle wotřow, na wotřowe in Burg.
379 Müre wird bei Zossen noch die Ofenbank genannt, wendisch: murka (muŕa Mauer, (im Spreewalde und anderweitig von Holz, vielfach sonst von Stein. In manchen Dörfern (mit wendisch redender Bevölkerung) auch Feuerbanka, so in Leipe. – Ein Leiper Viehhändler, dessen Stiefelschäfte vor Alter wie abgenagt aussahen, lag in einer Schenke zu Königswusterhausen auf der Ofenbank. Wie die Wirthin die Stiefel sah, sagte sie, weil die Heimchen (Hausgrille) Stiefel und Leder anfressen sollen, »Das sind die Heme.« – »Jo, riśi heme, tude na wašom feuerbanku. Ja, im A ….. zu Hause! hier auf Eurer Feuerbank.« Denn er verstand: Heme (Heimchen) als doma zu Hause, heim. Wendisch ist H. šwjerc, auch: die (Fett) Griebe. Scherzhafte Begrüssung, wenn ein Besucher in die Stube tritt: »Pomogaj Bóg! Bóg źěkuj! Witaj k nam! Syń se na murku, ugrěj se cošku! (Willkommen bei uns, setz Dich auf die Ofenbank, wärme Dich ein bischen).«
380 Wolwa.
381 Aus dem Teige, der übrig bleibt, wenn man den gekneteten Teig zu Broten ausgeformt hat, wird mit viel Mehl und Wasser [farrnwedelartig] jeden kringel, eine Kringel, gebacken; bei Cottbus ein meist rundes Brötchen, kołac. – Werben: Wer Kindern keine Ostereier geben kann, schenkt ihnen Kringel. Deutscher Abzählreim: »1 ….. 7, Meine Mutter die kocht Klieben« [Suppe: Mehlklüter in gekochter Milch] von klěb? auch kleine Kartoffelklösse = Kartoffelklieben, u.a.
382 Wenn ein Kind niesst: »Bóg daj strowki, weliki rosteł, krowki paseł, Gott gebe Gesundheit, mögest gross wachsen, Kühe hüten. Beim Niessen eines ›Grossen‹: Bóh daj strowje, Gott gebe Gesundheit.« S.
383 Na třoch kralow.
384 Berlin: keine Hülsenfrüchte essen und nicht waschen. – An den Zwölften zwischen Weihnachten und Neujahr soll man nicht spinnen, sonst kommt die (olle) Fui und bringt eine Menge Spulen, die muss vollspinnen, wer dann spinnt; oder die Schafe kriegen die Drehkrankheit; auch nicht Wäsche auf den Zaun hängen, sonst stirbt u.s.w. Die Fui ist 'ne olle [alte] Frau. Bei Soldin (Glasow, Zollen, Wuthenow?). Döbbernitz (Sternberg): Frau Herke besudelt (Weihnachten bis Neujahr) den Wocken (»Herr« in den Schoten?). Wilmersdorf bei Berlin: die Roggenmine sitzt im Korn; der Weihnachtsmann zu W. In Georgenthal (Thüringen): Frau Holle.
Nach Herrn Handtmann (Seedorf) besudelt in der Weihnachtszeit Frau Gode den Wocken, in der Westpriegnitz; ist in der Neumark: der wilde Jäger, d.w. Jagd; in der Westpriegnitz heisst jener sowohl Wode (ein dortiger Familienname ist: Gotham, Jotham), wie auch Lützow (»nach Theod. Körners Lied«). Der Alp in der Neumark: Bimilekin (»wohl: das bei mir, auf mir Liegen«), ferner Alf, Olm, Olmb; eine Redensart für Alpdrücken und Asthma: de Olm leit up mi, ick mut blüschen (der Olm liegt auf mir, ich muss ersticken; in der Westpriegnitz: Nachmord, Nachtmord (»wohl Nachtmahr«). Gänzlich für sich tritt in der Lenzer Wische: »Locking mit zwei Hunden in der Neujahrsnacht auf.« –
385 Redensart: grěch ma měch, Sünde hat Sack.
386 Tři dźědki. S. – An hele drei Könige nicht spinnen, sonst kommt die »faule Grete.« Bei Ahrendsee in der Altmark [v.].
387 Sie zahlen 31/2 Mark Aufnahmegeld. Auch der Nachtwächter bekommt (von einem jeden 2 alte Metzen) Korn.
388 Im benachbarten Dorfe Schmogrow z.B. werden die Gemeinde-Bekanntmachungen in einen hölzernen Hammer, klapac, geklemmt und so im Dorfe herumgeschickt. – In Schleife der Zettel in ein Brettchen, – in Steinkirchen in einen Hammer (?).
389 So wurde mir in Burg als thatsächlich versichert.
390 bańa Kürbiss in Burg, kjerbus Schleife; kana Wasserkanne Schleife, bańa Burg.
391 Zapóst, Póstnicy (Schleife, Gablenz, Burg bei Burghammer), u.a.O., póstnica (Muskau).
392 In Burg tanzen die Frauen öffentlich nur an Fastnacht [an Kaisers Geburtstag und am Sedantage]. Früher tanzten auch nur Mädchen ohne Kinder.
393 Fehlt diese, auch Birkenruthen, oder von anderen Weiden.
394 Früher wurde nicht auf dem Spinnrade na kolesko, sondern auf der Spille (Spindel) na rećeno (rešeno) gesponnen; im Spreewalde noch bis in den Anfang dieses Jahrhunderts. In Schleife und weiterer Umgegend wird noch jetzt, indessen nicht mehr Garn zu Leinwand, sondern nur Zwirn (zum Nähen) na reć. gesponnen.
Hierzu gehört zuvörderst die Kriebatsche ćěslica [niederw. přeslica]. Sie besteht aus 2 Hölzern, die rechtwinklig (knieförmig) zusammengefügt sind: dem aufrechtstehenden Wockenstock ćeslicowy kij und einem schmalen Brettchen, in dessen einem stärkeren Ende der Wockenstock steht. Auf diesem Brettchen, welches auf dem Schemel oder der Bank liegt, sitzt man. In dem Wockenstock ist ein Loch für eine Strippe. Ist nämlich die Spille halbvoll gesponnen, so wird der Wirtel abgemacht und an die Strippe gebunden, weil sonst die Spille zu schwer wäre. In dem Sitzbrettchen ist ebenfalls ein Loch, darein wird die Spille gesteckt, will man sie bei Seite legen oder sich ausruhen, damit das Garn nicht »verknöte.« Auf den Wockenstock (Unterwocken) wird der Oberwocken kružel gesetzt, um den der Flachs als Rocken kudźel (kuźěla) gelegt ist und durch ein Band šnorka zusammengehalten wird. Die Spille rećeno besteht aus der hölzernen Spindel, auf deren stärkeres Ende der Wirtel (Wertel, Wörtel) ćěslin (přeslìn) aufgesteckt wird. Der ćěslin ist aus Thon (vom Töpfer gemacht) oder aus Holz (vom Drechsler); zur Noth nimmt man eine Kartoffel kulka.
Wird nun gesponnen, so zieht die Spinnerin mit der linken Hand den Faden ńić, niś aus dem Wocken und hält in der Rechten schwebend das rećeno. Hat sie den Faden klafterweit gesponnen, so dreht (wirbelt) sie die Spille zwischen den beiden flachen Händen. Das rećeno wickelt nun (sich drehend) den gesponnenen Faden auf, indem es leicht und lose gegen den Rocken hingeführt wird. Hat sich dann die ganze Fadenlänge auf die Spille aufgewickelt, so legt die Spinnerin um das obere Ende der Spille (mit dem Faden) eine Schleife, damit sich beim weiteren Spinnen das Garn von der Spille nicht abwickelt. Diese Schleife wird dann jedesmal, wenn klafterweit gesponnen ist, schnell gelöst (abgezogen), bevor die Spille zwischen den Händen gewirbelt wird. Zum Spinnen na reć. gehört grössere Geschicklichkeit als na kolesko, auch ist das Garn besser, allein man »schafft'« weniger. Mit dem Spinnrad spinnt man in einer Stunde eine Sträne pasmo (ein pasmo hat (in S.) 40 Faden um die Weefe motowidło), na rećeno nur ein halbes pasmo.
Früher, wenn ein Bursche ein Mädchen ernstlich liebte und wollte ihr ein Zeichen seiner Liebe geben, so liess er eine pisanu (buntverzierte) ćěslicu machen. Die machte, wer im Dorfe geschickt in Holz schneiden konnte, schnitt allerhand Verzierungen ein und schmierte sie mit rothem, grünem auch gelbem Wachse aus. Die p.c. gab der Bursche dann heimlich seinem Mädchen und sie wurde fortan in Ehren gehalten. Jetzt in diesem Jahrhundert ist das nicht mehr Gebrauch.
In Schleife u.a.O. wird noch ein Brettchen zum Anfertigen von Bändern benutzt, genannt šnorkowa delka. In Burg ist es, nur von 6–8 Leuten noch gehandhabt, im Aussterben. Dasselbe besteht aus einem Brettchen (etwa 8–12 hoch, 6–8
breit), in welches eine Anzahl (etwa 8–12) gleichlaufender Schlitze ausgeschnitten wird. In jedem der Holzstücke zwischen den einzelnen Schlitzen ist in der Mitte ein Loch. Nun werden z.B. 20 Garnfäden genommen, an ihrem einen Ende zusammengebunden, dann 10 von denselben durch die Löcher gezogen, 10 durch die Schlitze und aller Enden auch auf dieser Seite zusammengebunden. Dann wird das eine zusammengebundene Ende mit einem Bande am Leibe festgebunden, das andere [jenseits des Brettes] irgendwo in der Stube, z.B. an einem Fensterhacken. Ausserdem gebraucht man eine [Filet-] Nadel tkanjowa jógła mit dem Garn. Beim Wirken wird dann das Brettchen, das durch die gespannten Fäden in der Schwebe gehalten wird, z.B. zuerst nach unten gezogen, dadurch kommen die Fäden in den Schlitzen hoch zu liegen, die in den Löchern tiefer. Zwischen beide wird die Nadel (wie das Weberschiffchen zołnik) hindurchgeschoben und der Faden festgezogen. Hierauf wird das Brettchen mit der Hand wieder hochgeschoben, die Fäden in den Schlitzen kommen dadurch tief, die anderen höher zu liegen, die Nadel wird hindurchgeschoben u.s.w. Mit diesem Schnürchenbrett machte man früher: Ober- und Untergurte für Ochsen nadpaski a podpaski za woły (zum Geschirr für Wagen oder Pflug), Schürzen-, Kiepen-, Karrenbänder (šandy), jetzt nur noch Schürzen- und Kopfbänder nagłowšnorki, um das Haar auf dem Kopfe zusammenzubinden, entweder aus ungefärbtem Garn oder aus blauen Fäden. Eine Frau soll an einem Tage 10 Ellen Schürzenband so anfertigen können (indessen nur zum Hausgebrauch, nicht Verkauf). Früher soll man mit solchen Brettchen auch Leinwand gewebt haben, doch sollen jene grösser und breiter gewesen sein.
395 In den drei Gemeinden Burg liegen die Gehöfte mit Ausnahme derer im (eigentlichen) Dorfe vereinzelt.
396 Weil sie von ihrem Wirthe Flachs gesät bekommen, denn der Flachs bildet einen Theil ihres Lohnes.
397 Dann wächst vor Mai kein Gras (wird wenig Futter für das Vieh) und der Wolf frisst bloss ein Schaf, das trockne Jahr aber alle.
398 Cazowa sřoda; kwiša sřoda, wo? [popjełowa sřoda nur im Kalender; popjeł, popeł die Asche]. »Cazowa sřoda (cazy = Russ) heisst er, weil früher die Dorfgerichte (staršy = die Aeltesten) die Feuergeräthschaften von Haus zu Haus nachsahen. Dann kriegten sie bei jedem einen Groschen, auch zu essen.« S. – Der lange niedrige Schuppen für die Feuergeräthschaften, z.B. in Graustein, heisst kolnica (kolńa Schuppen), auch im Spreewalde; früher hier: Viehbude I. 212.
399 Am zweiten Ostertage »stiepen« die Kinder die im Bette liegenden. Neumark. – Zu Ostern gingen die Kinder zu Verwandten, Mitschülern u.a. und »schtiepten [schlugen]« diese mit Birkenruthen, dafür bekamen sie weisse Eier. Früher in der Weihnachtszeit wurde die Thüre aufgerissen und ein »Julklapp« von Verwandten und Freunden hineingeworfen, ein Geschenk, das ein immer wieder in andere Papiere gewickeltes Packet bildete. Am heiligen Abend: Knecht Ruprecht. Bei Stettin, Pommern. –
400 Śichi pětk niederwendisch; ćiši pjatk Neustadt; ćichi pjatk, Schleife; die Woche vor Ostern: mertrowny tydźeń (Marterwoche).
401 Vergl. I. 252 und Anmerkung 5. In einem Falle, wo ich mit einem wendischen Bauer unter den Wurzeln einer Klette nachsah, waren die hugle altes, mürbe gewordenes Holz unter der Erde.
402 Auch in anderen wendischen Dörfern der Oberlausitz sind solche Singbänke.
403 Ostern niederw. jatřy [gespr. jatsche]; oberw. jutry (Bautzen); in Schleife: jastry; Neustadt witry [jutřo = Morgen, Morgengegend, Osten].
404 Beim Baiern, bajrować, läutet einer mit einer Glocke je einmal und ein anderer schlägt je zweimal mit dem Klöpfel einer zweiten Glocke an.
405 Die Ostereier werden in Schleife und der ganzen Muskauer Gegend in hübschen Mustern verziert, welche Mädchen wie Burschen mit grosser Sicherheit zeichnen. Dazu trägt man mittelst eines Stecknadelknopfes mit geschmolzenem Wachse die Zeichnung auf das rohe Ei auf. Alsdann wird der Farbstoff in Wasser aufgekocht. In dieses, abgekühlt, werden die Eier hineingethan und gekocht. Es werden gefärbt die Eier: roth mit »pryzylja« oder cochenille; gelb mit Zwiebelschalen; blau mit modre dřewo, »Farbenholz«; schwarz mit »Erlenschichken« wolšowe šiški [Kätzchen]. Neuerdings auch grüne. Vollendete künstlerische Darstellungen (so die Erscheinung des Engels, welcher den Hirten die frohe Botschaft verkündet) auf Ostereiern hat Herr Welan geschaffen.
406 Diese ist ebenso wie bei den Niederwenden, länglich rautenförmig, mit eingedrückten Verzierungen. Wenn einer »klumpatschig,« ungeschickt ist, krumme Beine hat, sagt man: »Ten gólc ma nógi kaž jastrowna całta, der Junge hat Beine wie eine Ostersemmel.«
Quelle: Schulenburg, Willibald von: Wendisches Volksthum in Sage, Brauch und Sitte. Berlin: Nicolai, 1882, S. 130-142.