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VII. Die Hochzeit

  1. Wenn ein junger Mann die Treppe hinauffällt, so heirathet er eine Wittwe.
  2. Wenn ein junges Mädchen des Mittags an der Tischecke sitzt, so heirathet es erst nach sieben Jahren.
  3. Wenn ein Mädchen träumt, es wird im weißen Kleide getraut, so stirbt dasselbe bald.
  4. Wenn in einem Jahre zwei Schwestern Hochzeit haben, so giebt es in der einen Ehe bald ein Unglück.
  5. Wenn eine Braut sich an den Wagen stosst, in welchem sie zur Trauung fährt, oder in welchem sie von der Trauung heimfahrt, so wird sie wahnsinnig.
  6. Begegnet einem Brautpaare, welches zur Kirche fährt, ein Leichenzug, so stirbt bald darauf der junge Mann oder die junge Frau. Begegnen den Brautleuten zwei Leichenzüge, so sterben bald darauf Mann und Frau.
  7. Wenn man seiner zukünftigen Frau im Zanken überlegen sein will, so muss man, wenn man zur Trauung geht, ein scharfes Messer bei sich tragen.
  8. Wenn eine Braut heimlich einen Zweig mit zur Trauung nimmt und denselben in dem Augenblick zerbricht, in welchem sie dem Bräutigam die Hand geben muss, so hat später der Mann keine Macht über sie.
  9. Wenn ein Brautpaar getraut wird, so muss die Braut ihre Hand auf diejenige des Bräutigams legen und während der ganzen Trauung darauf liegen lassen. Thut sie das, so hat sie als Frau das Regiment im Hause.
  10. Wenn ein Paar getraut wird, so muss Jemand aus dem Gefolge drei Bissen Brod mit in die Kirche nehmen. Auf der Heimfahrt muss die betreffende Person das Brod heimlich verzehren. Ist das geschehen, so ist im Hause des jungen Paares stets reichlich Brod vorhanden.
  11. Wenn eine Braut etwas Hochzeitsbrod aufhebt, so schimmelt dasselbe nicht und im Hause herrscht stets der Segen.
  12. Wenn Neuvermählte aus der Kirche kommen und in ihr neues Hauswesen eintreten, so muss man ihnen Brod und Wasser reichen. Hat man das gethan, so weilt der Segen im Hause.
  13. Wenn eine junge Frau nach der Trauung als erstes Geschenk Geld erhält, so hat sie das ganze Jahr hindurch Geld.
  14. Wenn einem jungen Ehepaare bei seiner ersten Ausfahrt nach der Hochzeit ein Hase über den Weg läuft, so wird die Ehe eine an Kindern gesegnete.

Quelle: Edmund Veckenstedt: Wendische Sagen, Märchen und abergläubische Gebräuche. Leuschner & Lubensky, Graz 1880