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Von der Schöneburg

Oberhalb des Dorfes Oechsen, an der sattelförmigen Verbindung des Baiers mit der Sachsenburg, über welche die Straße von Dermbach nach Geisa führt, lag auf einem Vorsprunge, dem „Schorn“, das Schloß Schöneburg, dessen Ueberreste fast gänzlich verschwunden sind. Der alte Ludwig Engel, ein mehr als 80jähriger Greis aus Oechsen, gab über die letzten Bewohner dieser Burg Folgendes an:

„Meine über 80 Jahre alte „Ellermotter“ hat mir oft erzählt, wie sie wieder von ihrer eben so alten „Ellermotter“ gehört habe, die Burg sei zu deren Lebzeiten noch von zwei alten Fräulein bewohnt gewesen, die, wenn sie im Walde lustwandeln gingen, jedesmal von einem kleinen, freundlichen, weißen Hündlein begleitet wurden. Sie selbst habe ihnen oft als 14jähriges Mädchen Walderdbeeren hinaufgetragen und Geld und Essen dafür erhalten. So hätten die Fräulein auch einstmals zu ihr gesagt, sie möchte des andern Tags mit ihrem Spinnrade zu ihnen auf die Burg „spill“ kommen. Als sie Nachmittags nun aus der Schule entlassen und zur Burg gekommen sei, habe sie das sonst immer geschlossene Thor geöffnet gefunden, ebenso die Hausthür. Auf ihr wiederholtes Klopfen an der Stubenthür habe Niemand „Herein“ gerufen. Als sie darauf so eingetreten, sei die Stube leer gewesen, auch habe sich Niemand blicken lassen. Von einer großen Angst befallen, habe sie sich schnell entfernt, und als sie im Vorbeigehen in die Küche geblickt, hätten die Frauen nebst dem Hündlein leblos dagelegen. Später habe es sich herausgestellt, daß die beiden Frauen ermordet und die Burg ausgeraubt worden sei.

Der halb verfallene Keller diente späterhin dem Paulus, dem Räuber am Baier, zum Schlupfwinkel. Die Sage läßt hier noch große Schätze vergraben sein. Eine weiße Jungfer, die alle sieben Jahre dort droben erscheint, hat die Schlüssel dazu und reicht sie demjenigen, der sie erlöst. Sonst ist die Erscheinung des Fräuleins eine wohlthätige für die Armen der Umgegend. Sie hat schon oft kleine lechzende Kinder mit Beeren und sonstigen Früchten erquickt; ebenso schlafenden Hirten, Schnittern und Holzhauern Brot und Wein gebracht.

In dem Jahre 1824, so erzählt der Wirth von Oechsen, kamen drei angebliche Bergleute aus Franken und erkundigten sich nach der Schöneburg. Am andern Morgen besuchten sie den Platz, meinten, ihre Kundschaft stimme nicht mit demselben überein, gruben aber dennoch nach und kamen mehrmals mit gefülltem Säcklein zurück. Einige Tage später mußten sie jedoch von wegen der Polizei Reißaus nehmen“.

Quellen: