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Vom Otternkönig am Baier
Am Baier Hauste ein Otternkönig, der trug ein gar prächtiges Krönlein von gediegenem Golde, welches er jedesmal, wenn er sich in der Mittagsstunde in einer der Quellen am Berge badete, auf den grünen Rasen niederlegte.
Solches hatte nun ein feiner Junker vernommen, und da es ihm nach dem Krönlein gelüstete, so machte er sich eines Morgens nach jener Quelle auf den Weg, band sein Roß an einen Baum und breitete seinen Mantel an der Stelle aus, wo der Otternkönig sein Krönlein vor dem Baden niederzulegen pflegte. Dieser ließ denn auch nicht lange auf sich warten, legte das glitzernde Kleinod auf den Mantel und schlüpfte in die Quelle. Leise schlich sich jetzt der Junker dorthin, raffte den Mantel mit dem Krönlein auf, band ihn fest zusammen, schwang sich auf sein Roß und machte sich mit seinem Fund aus dem Staube. Doch ehe er noch das Ende des Waldes erreichte, hatte auch schon der Otternkönig seinen Verlust entdeckt und stieß einen so gellenden Pfiff aus, daß in selbigem Augenblick alles Gewürm des Berges in Aufruhr gerieth und der Junker, so schnell er auch mit seinem Rosse dahinjagte, von demselben gar bald eingeholt war, das im Nu die Beine des Rosses umringelte und sich zischend nach ihm selbst empordrängte. Als der Junker dies mit Entsetzen gewahrte, schleuderte er den Mantel sammt der Krone weit von sich und trieb sein Roß zu noch größeren Sprüngen an. Im selbigen Augenblicke verließ ihn denn auch das Gewürm, stürzte sich auf den Mantel und zerbiß ihn in tausend Stücke, während der Otternkönig von seinem verlornen Krönlein wieder Besitz nahm.
Quellen: