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Von dem im Salzunger See versenkten Silberglöckchen
Damals, als Salzungen noch das Silberstädtchen geheißen wurde, soll einmal der Rath der Stadt sich versammelt haben, um in einer hochwichtigen Sache zu beschließen, wie nämlich bei dem herannahenden Kriegsvolke, welches die Stadt bedrohe, das über dem Rathhause hängende silberne Glöckchen am besten vor räuberischen Händen zu verbergen sei. Da aber die Herren zu keinem Beschlusse gelangen konnten, so kam es ihnen höchst gelegen, daß der Thorschreiber einen soeben einpassirten, weisen und hochgelahrten Herrn auf dem Rathhause anmeldete. Sie wurden daher bald eins, diesen in der erwähnten Sache um seine Meinung zu bitten.
Und der wies sie auf ihren See hin, in welchem sie die Glocke am besten bergen könnten, und da sie diese Ansicht für gut fanden, so wurde die Glocke abgenommen, in einen Nachen geladen, in Begleitung des Rathes in See gestochen und dieselbe dort versenkt. Als jedoch darauf die Herren so wird weiter erzählt wieder festen Boden unter sich hatten und lange Gesichter machten, weil sie die Stelle im See, an der sie die Glocke versenkt, nicht bezeichnet hätten, da trat Einer lächelnd hervor und bemerkte, daß er dies vorher wohl erwogen und deshalb an der Stelle des Kahns, an der sie die Glocke in den See gesenkt, einen tiefen Einschnitt gemacht habe. Worauf denn die Herren, sich befriedigt die Hände schüttelnd, nach Hause gingen.
Der Fremde wurde jedoch auf Stadtkosten in seinem „Logemente“ köstlich bewirthet, und zog dann, sich in sein Fäustchen lachend, thalaufwärts nach der guten Stadt Wasungen, allwo kurz vorher der Bürgermeister gestorben und wegen eines neuen große Noth war. Da der Fremde dieser Sache wegen auch hier um seinen hochweisen Rath gebeten wurde, so schlug er ihnen den Rathsherrn von Salzungen, der den Einschnitt in den Nachen gemacht hatte, zu der erledigten Stelle vor, worauf dieser allda zum Bürgermeister erwählet und als solcher bald darauf auch installirt wurde. Jener Fremde, der nach diesem seine Reise weiter aufwärts fortsette, soll kein Anderer, als Eulenspiegel, der Schalksnarr, gewesen sein.
Quellen: