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Von der Hexe zu Möhra

In Möhra lebte vor noch nicht allzu langer Zeit eine Hexe, die in dem ganzen Dorfe gefürchtet war, und der kein Mensch bei Leib und Leben auf eine ihrer Fragen mit Ja oder Nein geantwortet hätte; denn Viele hatten deutlich gesehen, wie der Hans oft des Nachts als ein mit einem Feuerschein umgebener schwarzer Klumpen durch den Schornstein zu ihr „spill“ (d. h. auf Besuch) gegangen war. Einmal hatte es jedoch eine junge Bauerntochter versehen, der Gefürchteten gerade mit Ja geantwortet und sich damit in die Gewalt der Hexe gegeben. Da merkte das Mädchen bald, was sie gethan, denn sie wurde von Stund an so krank, daß sie das Bett nicht mehr verlassen konnte. Dazu kam noch, daß sie während ihrer Krankheit jedesmal in der dritten Nacht einen barbarischen Hasen zum „Spillgast“ bekam, der sich zu ihr auf das Bett setzte und sie gar gewaltig ängstete

Als sie nun dieses ihrem Vater klagte und dieser öffentlich auf die Hexe loszog, wurde ihm noch dazu sein ganzes Vieh im Stall „aufstössig“, so daß es kein Futter mehr zu sich nehmen konnte. Ja, bei dem nächsten nächtlichen Besuch fing der Hase sogar zu reden an und sprach: „Ja, ja, mein Liebchen, das wird wohl noch eine Weile so dauern.“ Wie nun am andern Morgen das Mädchen den Vorfall ihrem Vater mittheilte, lief bei dem das Töpfchen über. Er machte sich schnell auf den Weg nach Marksuhl, holte den „weisen Mann“, und der half.

Nachdem der das Haus und den Stall gehörig ausgeräuchert, machte er alle Thürschwellen fest, so daß die Hexe keinen Eintritt mehr hatte. Und so lief die Geschichte noch gut ab. Denn am andern Morgen schon konnte das Mädchen ohne Beschwerde das Bett wieder verlassen und ihre gewohnte Arbeit verrichten.

Quellen: