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Von der weißen Frau in Möhra

„Mein Ureltervater (Urgroßvater), den sie nur Schmied's Hans nannten“, begann Einer aus Möhra, „hier vom Wirthshausfenster aus kann man gerade wieder das Haus sehen, wo er gewohnt hat, der hatte eine weiße Frau im Haus, um die sich aber kein Mensch weiter bekümmerte, weil sie noch keinem etwas zu Leide gethan. Nur ein einziges Mal hat sie der Alte böse gemacht, als er wie gewöhnlich spät aus dem Wirthshause heimging und in der Küche etwas knistern hörte und glaubte, es sei seine Frau. Da rief er sie dreimal bei ihrem Namen: „Else! Else!“ und da er keine Antwort erhielt, so wurde er bös und hieß sie, während er die Treppe hinaufging, ihn im lecken. Doch kaum war ihm der Schimpf über die Zunge, so stürzte auch die weiße Frau ganz zornig aus der Küche und ihm nach. Er aber war mit ein paar Sätzen an der oberen Stubenthüre, denn dorthin wie in die untere Stube durfte sie nicht gehen. Sie verschwand daher in der Rauchkammer, wohin sie auch sonst aus dem Keller oder der Küche zu gehen pflegte .

Neben der Rauchkammer war auch noch die Schlafkammer einer Frau aus Ruhla, die dem Alten nach der Else Tod den Haushalt besorgte. Zu der kam die weiße Frau später oft mehrere Nächte regelmäßig hintereinander, wenn es aber die Alte müde war und sie ein verfluchtes „Schönglaich“ (Schindluder) nannte, so seufzte sie und verschwand.

Auch nach Schmieds Hansen's Tod blieb das Gespenst im Hause. Da fiel es seinem Sohn, meinem Eltervater ein, durch einige ungarische Steinmetzen eine doppelte Grundmauer im Keller aufführen zu lassen. Aber siehe da! eines Morgens waren die Ungarn, ohne das Werk vollendet zu haben, auf und davon. Ihr Werkzeug hatten sie im Keller zurückgelassen. Neben demselben sah mein Ellervater ein tiefes Loch und die Scherben eines alten Topfes. Wahrscheinlich hatten sie einen reichen Schatz gefunden. Seit jener Zeit hat sich die weiße Frau nicht mehr sehen lassen.“

Quellen: