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Der Lombarde und die Hexe in Wasungen
Zu Wasungen lebte vor langen Jahren ein junger Zinngießer, der war aus Mailand in Italien. Der Welsche hatte sich vor seiner Reise nach Deutschland eine junge Frau genommen und die hatte ihm aus der Heimat geschrieben, dass sie gar bange über seine Abwesenheit sei, da sie jeden Tag ihrer Niederkunft entgegensehe. Darüber war nun der junge Ehemann recht sehr betrübt, hing den Kopf und ging viel in der Einsamkeit umher, denn er liebte seine junge Frau und dachte mit Angst und Bangen an die ihr bevorstehende schwere Stunde.
Als er nun auch eines Tages in Gedanken an sie auf einem einsamen Spazierweg sich befand, da fragte ihn eine Frau aus Wasungen nach der Ursache seiner Betrübnis. Als ihr der Welsche seinen Kummer mitgeteilt hatte, sagte die Hexe, denn das war sie: »O, da kann Euch geholfen werden. Wenn Ihr mir Vertrauen schenkt, so kommt heute Nacht um elf Uhr wieder hierher. Ich bringe Euch dann in einer Stunde nach Welschland zu Eurer Frau und wieder zurück.«
Der Zinngießer, der ob dieser Rede erschrak, ließ sich zuletzt doch überreden und stellte sich um die bestimmte Stunde auf dem verabredeten Platz ein. Die Hexe war auch schon da und hielt für die Reise ein seltsames Fuhrwerk bereit. Es war ein schwarzer Ziegenbock an eine mächtige Mulde gespannt. In diese musste sich der Zinngießer setzen, die Hexe schwang sich auf den Bock und husch ging es durch die Lüfte über die Alpen in das Land Italien bis vor das Tor der Stadt Mailand. Die Hexe bestimmte hier dem Zinngießer die Zeit der Rückkehr. Als dieser seine junge Frau gesehen und getröstet hatte, setzte er sich in die Mulde und husch ging es wieder durch die Lüfte über die Alpen nach Deutschland vor das Tor der Stadt Wasungen. Mit dem ersten Hahnenschrei klopfte auch schon der Zinngießer wohlbehalten an seiner Wohnung in Wasungen an.
Quellen: