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Der alte Förster
In Trebendorf war früher ein Förster, Petrik. Wie er nun alt war, wurde er von den jungen Förstern nicht mehr zur Jagd mitgenommen; das verdross ihn. Dann geschah es, dass sie ohne ihn keinen Hirsch und kein Schwein mehr schiessen konnten. Das machte, weil er das Zauberbuch (den koraktor, korata) hatte. Er aber konnte aus dem Fenster Hirsche und Rehe schiessen oder was sonst für die Tafel des Fürsten Pückler nöthig war.
Mal waren die Förster nach einer Jagd bei ihm zum Abendbrot und die Suppe war sehr heiss aufgetragen worden. Da sagte der Alte: »Dyby ta zupa šopła była, wenn die Suppe warm wäre«. Die anderen dachten, die Suppe wäre kalt, langten eilig zu und verbrannten sich sämmtlich die Mäuler.
Er »konnte« auch den Diebssegen1) und hat mehrere Diebe stehen lassen.
Wie er einmal in der Kirche war, blätterten seine Hausgenossen in dem Korata. Er merkte es aber in der Kirche und während sie darin blätterten, kam so viel Federvieh, Hühner, Gänse, Elstern durch Fenster und Thüren und aus dem Kacheltopf (kachleńk)2), dass sie sich vor ihnen nicht retten konnten. Dann wie der Alte wieder nach Hause kam, nahm er das Buch und zauberte die ganze »Gesellschaft« wieder fort. Das Buch konnte man in das Feuer werfen, es verbrannte doch nicht. Dann verleimte es der Alte, so dass keiner mehr die Blätter aufmachen konnte, und soll es zuletzt irgendwo versteckt haben, niemand weiss, wo es blieb. Andere sagen: dann brannte das ganze Haus ab und das Buch mit, sonst wäre es vielleicht noch heute. S. I, 196, 197, 43.
Quelle: Schulenburg, Willibald von: Wendisches Volksthum in Sage, Brauch und Sitte. Berlin: Nicolai, 1882, S. 87.