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Das vermuiret Keind
Der all1) Liebestein der ihs2) festgemaicht, dahs e si Lahte3) net hat konnt derorbert gewehr.4) Bih e nemlich gebaut ihs wuirn,5) da hunn de Mührer6), die en gebaut hunn, e Keind genumme, u hunns lebendig enihner7) gemuihrt. U das Keind hat gebralln, u hat miht den Füsse gestrampelt, u hat mit sin Hängerche8) nach en geschluihn;9) awwer es hat en müscht geholfe, se hunns doch enihner gemuirt. U alle sübbe Jaihr, da hührt me noch hüttigstaihs10) das Keind de Naicht bröll,11) bas se dahzemahl in alle Liebestein ihgemuihrt hunn; u da komme de Jucheul12) gefloihe, u setze sich off de alle Muirn, u brölle noch derbärmlicher, ens13) bih das Keind bröllt, de Jucheul abber, das sein de Mührer, die dahzemahl das Keind ihgemuihrt hunn, u die sein nach öre Tod Jucheul gewuirn, u müsse zur Straffe se lang dm das all Schlohs erom flieg, ens bih noch e Stein davon offen annere leiht. U deswege gichts au un all den alle Schlössern e so vill Jucheul, wihl in alle Zihte all die Schlösser sein festgemaicht, u King14) enihn vermuihrt wuirn, die Mührer awwe r ie das gethun hun, sein nach öhren Lod zu Jucheuln gewuirn, u sein un15) die Schlösser gebannt.
Das vermauerte Kind
Der alte Liebenstein ist festgemacht, dass er sein Leben nicht konnt erobert werden. Als er nämlich gebaut ist worden, da haben die Maurer, die ihn gebaut haben, ein Kind genommen, und haben es lebendig hinein gemauert. und das Kind hat gebrüllt, und hat mit den Füßen gestrampelt, und hat mit seinen Händchen nach einen geschlagen; aber es hat ihm nichts geholfen, sie haben es doch eingemauert. Und alle sieben jahr, da hört man noch heutigen Tages das Kind die Nacht brüllen in der sie dazumal in den alten Liebenstein eingemauert haben, und dann kommen Eulen geflogen, und setzen sich auf die alten Mauern, und brüllen noch erbärmlicher, als wie das Kind brüllt, die Eulen aber, dass sind die Maurer, dazumal das Kind eingemauert haben, und sind nach ihrem Tod Eulen geworden, und müssen zur Strafe so lange um das alte Schloss herum fliegen, als bis noch ein Stein davon auf dem anderen liegt. Und deswegen gibt es auch an all den alten Schlössern so viele Eulen, weil in alten Zeiten all diese Schlösser festgemacht sind, und Kinder hinein vermauert wurden, die Mauerer aber die das getan haben, sind nach ihrem Tod zu Eulen geworden, und sind an die Schlösser gebannt.
Quellen:
- Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung, Band IV, Seite 206-207