Die vergessene Bibel

Ein alter Pfarrer zu Schweina war gestorben, und man hatte vergessen, seiner Leiche, wie es doch altherkömmliche Sitte und Brauch, eine Bibel mit in den Sarg zu geben. Allnächtlich sah man nun nach seiner Beerdigung ein Licht in seiner Studierstube, und konnte deutlich wahrnehmen, wie der alte Pfarrer hinter seinem Tische saß und studierte. Hierauf wurde der Jesuiter in Dermbach geholt, dieser mußte den Geist des spukenden Pfarrers bannen und in einer gläsernen Kutsche fortfahren. Allein sein Bann war erfolglos, denn das Gespenst des Pfarrers ward abermals sichtbar. Noch einmal wurde der Exorcismus mit dem unruhvollen Geist vorgenommen, allein mit gleichem Erfolg, und als dieser zum drittenmal beschworen wurde, ward er sehr böse, und forderte, man solle ihm die Bibel in den Sarg legen. Als dieses gethan war, wurde Ruhe, und hat sich der Geist des Pfarrers nie mehr sehen lassen.

Quellen:

• Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung