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Der hohle Stein
Ueber Glücksbrunn erhebt sich ein ungeheurer Felsblock auf einem Berge, mit einer mächtigen natürlichen Hohlung, von dem gehen mancherlei Sagen. Der ganze Berg soll hohl sein, und in seinem Innern eine ungeheure und unergründliche Wassermasse enthalten; wer das nicht glauben will, darf nur sein Ohr an eine der mancherlei am Berg zu Lage gehenden Felsöffnungen halten und er wird das dumpfe Rollen und Brausen der unterirdischen Wogen deutlich vernehmen. Einst wird mit Donnergetöse der hohle Stein nebst allen Felsen rings umher, und der ganze Berg, worauf sie stehen, zusammenbrechen und versinken in den unterirdischen See der unter ihm fluthet. Dann werden die trüben Gewässer des leßteren brausend sich ergießen, die ganze umliegende Gegend überschwemmen und in einen großen See verwandeln. Und alles Lebende, das nicht im Augenblick auf die höchsten Gipfel der Berge sich zu retten vermag, wird umkommen, und von den Wogen, und den sie belebenden Ungeheuern, verschlungen werden. — Dieses soll auch geweißagt worden sein von der Sybille. Andere aber sagen, daß in den ältesten Zeiten schon die ganze Gegend ein großer See gewesen, und nur auf den höchsten Berginseln Menschen gelebt , da habe der Berggeist die Höhlung in den Hohlenstein geschlagen, und da sei alles Wasser hineingelaufen, und habe sich im Berge gesammelt. Vom glaubhaften Mund ward uns versichert, daß, als die unterm Hohlenstein befindliche berühmte Höhle entdeckt, und am Fuß des Berges ein Stollen in dieselbe geführt wurde, manche alte Leute zagten und bange waren, in der Meinung, es werde nun die verhaltne Fluth nach obiger Prophezeihung aus dem Berge hervorbrechen, und Glücksbrunn und Schweina unter Wasser setzen.
Quellen:
- Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung