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Der Berggeist in Glücksbrunn
Bei Glücksbrunn wurde früher sehr lebhafter Bergbau auf Kupfer und Kobalt betrieben, da hat sich mehr als einmal den Bergleuten der Berggeist sehen lassen. Einst arbeitete ein Häuer im Regina-Schacht, als er eine gewisse Bewegung neben sich wahrnahm, und glaubte, es käme ein Steiger zu ihm gefahren. Allein es blieb still, niemand kam ihm näher, da er sich denn auf seinem Sitzstock herumdrehte, und gegen Morgen blickte. Da gewahrte er eine Erscheinung in Gestalt eines Menschen, der das Gesicht starr nach ihm zugewandt hielt. Diese Gestalt war anzuschauen wie ein Bergamtsoberer, trug einen schwarzen Hut, ein grünes Oberkleid mit Manschetten, schwarze Beinkleider und Schuhe, weiße Strümpfe; in der Hand ein Grubenlicht, welches alles ringsum erhellte, wodurch der Häuer auch gewahrte, daß die Gestalt von schönem Antlitz war, glänzende Augen hatte, und am Ort, das über fünf Schuh hoch war, in der First anstieß. Nachdem die Erscheinung eine gute Weile still gestanden, wobei nichts gesprochen wurde, eines theils, weil der Geist wahrscheinlich angeredet sein wollte, der Häuer aber aus Furcht ihn anzureden nicht vermochte, sondern nur rascher und heftiger arbeitete, und sich nur schüchtern von der Seite umsah, wandte sich die Gestalt gegen Morgen und fuhr in der Strecke von dannen, ohne sich diesem Verzagten jemals wieder zu zeigen. Hätte er sie angesprochen und nur den Bergmannsgruß „Glück auf!“ gesagt, so würde sich ihm der reiche Stollen des Glücks gewißlich aufgethan haben.
Zu einer andern Zeit fuhren einige junge Bursche auf dem Schacht am Acker neben dem Segen Gottes ein, die wurden plötzlich einen hellen Schein gewahr, und glaubten, es käme ein Bergofficiant die Strecke hergefahren, derselbe war groß von Person, wie sie von weitem sahen, denn er war gebückt, daß der Rücken in der First anstrich. Als er näher kam, ward die fürchterliche Gestalt eines so zu nennenden Berggeistes in einem Grubenkittel, Kniebügeln an den Beinen, einen schwarzen Schiefhut auf dem Kopf, große glänzende Augen, und ein Grubenlicht in der Hand auf sie zukommend gesehen, worauf die Bursche aus großer Furcht augenblicklich den Schacht wieder verließen und hinaus fuhren, da denn von dem Licht, das der Berggeist hielt, fast die Hälfte des aufwärts gehenden Schachtes erleuchtet wurde.
Quellen:
- Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung