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Die Entrückten

An einem goldnen Sonntag gingen einige Männer aus Steinbach spazieren, und gelangten unversehens an eine Höhle, vor welcher ein lederner Ranzen, Stöcke u. dgl. lagen, und die Männer vermutheten, daß diese Sachen wohl Venetianern angehören möchten, die in der Höhle ihr Wesen trieben. Wie nun die Steinbacher überhaupt dem Schabernack zugethan sind, so versteckten jene diese Sachen, bargen sich selbst hinter einen Baum, und laueṛten, um sich an der Verlegenheit der Eigenthümer zu weiden, wenn diese aus der Höhle kommen, und ihre Sachen vermissen würden. Aber diese blieben aus, und die Steinbacher entschliefen. Wie sie erwachen, sind sie in einer wildfremden Gegend, wo ganz andre Bäume und Blumen wachsen, wo Alles ihnen verwunderlich vorkommt. Sie wandern umher, begegnen auch Menschen, aber diese, angeredet, verstehen ihre Sprache nicht. Endlich kommt doch ein Mann, der sie versteht, und ihnen das Land nennt, darin sie wandelten. Allein der Name des Landes ist ihnen dennoch fremd, und sie hörten es noch niemals nennen. Nun erzählen sie dem Mann, was sie gethan, und äußern Reue darüber. Darauf erwiedert jener, es sei gut, daß sie ihn angetroffen, er wolle sie wieder in ihre Heimath bringen, sie möchten aber, was sie verübt, nicht wieder thun. Er führt sie zu einem Baum, und heißt sie dort seiner harren. Von Müdigkeit befallen, entschlummern sie abermals. Wie sie erwachen, so sind sie wieder zu Hause, unter dem Baum vor der Höhle, aber die Höhle ist weg, und die Sachen desgleichen. Die Steinbacher sind froh, wieder daheim zu sein, aber als sie nun ihr Dorf betreten, stürmt Alles mit Fragen auf sie ein, wo sie so lange ausgewesen und geblieben, denn es waren mehre Wochen indeß vergangen.

Quellen: