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Vom alten Schloß Liebenstein

Von der Burgruine, die über dem freundlichen Badeorte Liebenstein auf einem waldbewachsenen Berge liegt, gehen gar viele und mancherlei Sagen von verwünschten Jungfrauen und vergrabenen Schätzen. Das Schloß gehörte einer Ritterfamilie, die sich Stein zum Liebenstein nannte. Man sagt, daß häufig zwei Jungfrauen gesehen worden, die haben jede am Gürtel einen großen Bund Schlüssel hängen gehabt, und sind des Nachts herabgegangen bis zu dem mit Tannen umpflanzten Teich an der Chaussee, die von Liebenstein nach Altenstein führt, in welchem sie sich dann gebadet. Auch geht häufig die Rede, daß da droben ein Kind eingemauert worden sei, um die Burg fest und unüberwindbar zu machen. Das sei von seiner Mutter um schnödes Gold verkauft worden, habe beim Einmauern eine Semmel gegessen, und gerufen: „Mutter, ich sehe Dich noch“ dann später: „Mutter, ich sehe Dich nur noch ein Wenig!“ und endlich, als der letzte Stein eingefügt gewesen, „Mutter! ich sehe Dich nun nicht mehr.“ Die Mutter aber soll umgehen als ein Geist in dem alten Gemäuer, und weder Ruhe noch Rast haben, und oft hat man ein Wimmern gehört in dem obern Theil des Hains (so heißt der Wald nahe der Burg,) das soll von dem ruhelosen Schatten kommen.

Eine weiße Frau soll auch umgegangen sein in dem neuen Liebensteiner Schloß, welches jetzt das Kurhaus ist, und jedesmal sich dann haben blicken lassen, wenn Jemand aus der von Fischerischen Familie, denen das Haus eigenthümlich war, sterben sollte. Heutzutage hört man davon nichts mehr, und haben die Kurgäste von derartigem Besuche nichts zu fürchten.

Quellen: