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Die Fräulein aus dem versunkenen Schloß

Zwischen Salzungen und dem Dorfe Wildprechtrode liegt der Buchensee, vulgo Büchensee, dicht am Weg in einem niedrigen Felsenkessel, mitten in der Feldflur. Dort stand vor Zeiten ein stattliches Schloß, darin es immer herging in Saus und Braus. Eines Abends kamen zwei verirrte arme Wanderer, hungrig und müde, und baten flehentlich um etwas Speise und Trank und ein geringes Nachtlager. Sie wurden aber mit Hohn zurückgewiesen. Da huben die Wanderer sich eilend von dannen, und sprachen eine schreckliche Verwünschung aus, daß das Schloß sammt Allen, die darin wären, in die Erde versinken solle, und dem geschahe also. Das Schloß versank, und an seine Stelle trat ein kleiner aber unergründlicher See. Im Schlosse waren drei Fräulein gewesen, die keinen Theil an jener Härte gehabt, denen ward vergönnt, alljährlich einmal, wann in Wildprechtrode Kirmse, dort auf den Tanzplatz zu gehen, und sich mit Tanz zu vergnügen. Sie mußten aber jedesmal vor 12 Uhr Nachts wieder von dannen eilen. Als die Bursche das merkten, die sehr gern mit den reizenden unbekannten Fräulein tanzten, so stellten sie die Kirchenuhr zurück, und so blieben die Tänzerinnen über ihre Zeit. Aber als es 12 Uhr war, wurden sie von einer entsetzlichen Angst überfallen, und baten nun ihre Tänzer inständig, sie hinaus zu begleiten zu dem Büchensee. Würde Blut aufsprützen, wenn sie sich hineinstürzten, so würden sie niemals wiederkehren. Hell schien der Mond durch die Herbstnacht. Die Fräulein wurden begleitet, stürzten sich in den See, und hoch sprützte das Blut empor. Nie wurden sie wieder auf der Kirmse zu Wildprechtrode erblickt.

Quellen: