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Wasunger Jagdglück
Einftmals kam ein starkes Gewitter, und in Folge eines oberhalb Wasungen gefallenen Wolkenbruches schwoll die Werra mächtig an. Ein Wasunger stand auf seinem Hausboden, und schaute stromaufwärts, da kam etwas nach der Stadt geschwommen, braun von Farbe, überkugelte sich im Wasser und reckte bisweilen vier Beine in die Höhe. Der Wasunger vermeinte es sei ein Hirsch, rief die Nachbarn zusammen, nahmen ihr Gewehr, und eilten hinaus an das Ufer; bald kam der Hirsch näher und nun schossen die Wasunger wacker darauf los. Als das Wildpret, mehrmals getroffen, näher geschwommen kam, war es ein vierbeiniger Waschtisch.
Ein andresmal ging Abends spät ein Wasunger nach der Stadt, der fand mitten im Weg ein ungeheuerliches Ding, schwarz, in sich zusammen gekugelt, und drückte sich scheu und schüchtern seitwärts vorbei. Im Wirthshaus angelangt, erzählte er, was er gesehen, und beschrieb die Größe des Ungeheuers wie ein Wagenrad. Alles horchte auf, und einmüthiglich wurde ein Jagdzug vor das Thor beschlossen, man bewaffnete sich mit Stöcken, Stangen, Spießen, Heugabeln, und einer alten Muskete, auch Laternen wurden mitgenommen, und so zog das kleine Häuflein, nachdem es sich zuvor weidlich gestärkt, zum Thor hinaus. In der Nähe des Galgens lag immer noch still und in sich geballt wie ein Zeiselbär das Ungethüm, rührte und regte sich nicht. Vorsichtig wurde es eingekreist, Niemand traute sich nahe bei, aus sichrer Entfernung wurde ein Schuß gewagt. Dieser fiel, das schwarze Ding that einen Satz, und berstete zersprützend. Sätt es! riefen die Nächsten: jetzt hats den Gift fahren lassen! Nun drauf! Alles fiel nun über das Ungeheuer her, das tod war, auch nicht eben so groß, wie ein Wagenrad, und auch kein Ungeheuer, sondern eine große höchst friedliche Schlackwurst, die ein Bauer verloren hatte.
Quellen:
- Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung, Band IV S. 124-125