<<< zurück | Die Sagen des Kiffhäusers und der Güldenen Aue... | weiter >>>
Der Ertrunkene
Bei Walldorf, eine Stunde oberhalb Wasungen an der Werra gelegen, fiel ein fremder Mann in den Fluß, und ertrank. Bei Wasungen wurde der Leichnam aufgefunden. Darüber entstand ein Streit zwischen den Walldorfern und Wasungern, welcher Ort die Kosten der Beerdigung tragen müsse; jene sagten: die Wasunger, weil der Todte dort ans Land gebracht worden sei, diese sprachen: die Walldorfer, weil der Mann bei ihrem Ort ertrunken.
Das kam vor Gericht, und dieses entschied gegen Wasungen. Da fügte sich zwar der Magistrat dem Urtheilsspruch, doch bestand er darauf, daß die Walldorfer einen Revers ausfertigen mußten, daß wenn einmal sich's zutrüge, daß Jemand bei Wasungen in die Werra fiele, und oben bei Walldorf aufgefunden würde, die Walldorfer dann auch mit den Begräbnißkosten belastet sein sollten, was diese auch thaten. Es hat sich aber bei Menschengedenken noch nicht zugetragen, daß ein Ertrunkener stromaufwärts nach Walldorf geführt worden wäre.
Manche sagen auch den Wasungern nach, daß sie einer von der Stromfluth weggerissenen Brücke droben bei Walldorf nachgefragt.
Quellen:
- Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung, Band IV S. 121-122