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St. Bruno und die Eselswiese
Der fromme Heidenbekehrer Bruno ritt am Donnerstag in der Osterwoche nach gesprochenem Segen auf seinem Maulthier und mit wenigen Dienern von seinem Bruder Gebhard weg, abermals nach Preußen zu ziehen und die Heiden zu bekehren, deren zweiten Bonifacius man ihn nannte. Nun trug's sich zu, wie er auf den grünen Anger, hart vor Querfurt kam, daß ihm sein Esel stetig wurde, und weder hinter noch vor sich wollte, alles Antreibens mit Schlägen, Peitschen und Spornen ungeachtet. Daraus schloß nun Herr Gebhard und Andere, die ihm das Geleit gaben: es wäre dieses ein Zeichen und Offenbarung, daran zu erkennen, daß es nicht Gottes Wille sei, diesen Zug wiederum zu thun, und überredeten ihn, daß er wieder mit ihnen auf das Schloß zurückzog. Die Nacht bewegte Herrn Bruno die Sache mit großer Traurigkeit, er überlegte sie hin und wieder, trug sich noch etliche Tage mit Gedanken, konnte aber sein Herz nicht zufrieden stellen, bis er sich gänzlich darin ergab, seine vorgenommene Reise zu vollziehen. Zog in Gottes Namen nach Preußen, lehrte, predigte und be-kehrte etliche, dann wurde er gefangen, grausam gepeinigt, verstümmelt und getödtet mit 18 Gefährten, im Jahre 1008 oder 1009 auf der Russen und Lithauer Grenzen. Und auf der Stelle, wo da-mals das Thier stetig wurde, baute man hernach ein Heilthum, genannt die Kapelle zu Eselstett, und theilte in spätrer Zeit, da der Ablaß aufkam, jeden Donnerstag nach Ostern sonderlichen Ablaß aus. Daher jährlich von allen Orten her vieles Volk dahin gelaufen, geritten und gefahren kam, und eine große Wallfahrt entstand. Daraus wurde ein freier Markt vom Morgen zum Abend, der aber später auf 3 Tage ausgedehnt wurde. Hat also St. Bruno's stehender Esel das ganze Volk umher gehend und laufend gemacht.
Quellen:
- Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung, Band IV S. 97-98