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Der Schmied von Jüterbogk

Das Mährchen vom Jüterbogkischen Schmied ist fast allbekannt im deutschen Volk, und obwohl Jüterbogk weit abseit liegt von dem Kiffhäuser, so reiht das Mährchen sich doch den Sagen von diesem Berge an. Es war dieser Schmied erst ein junger Bursche, der einen sehr strengen Vater hatte, aber treulich Gottes Gebote hielt. Er that große Reisen und erlebte viele seltsame Abenteuer, dabei war er in seiner Kunst über alle Maßen geschickt und tüchtig. Er hatte eine Stahltinctur, die jeden Harnisch und Panzer undurchdringlich machte, der damit bestrichen wurde, und gesellte sich dem Heere Kaiser Friedrichs II. zu, wo er kaiserlicher Rüstmeister wurde und den Kriegszug nach Mailand und Apulien mitmachte. Dort eroberte er den Heer- und Pannerwagen der Stadt und kehre endlich, nachdem der Kaiser gestorben war, mit vielem Reichthum in seine Heimath zurück. Er sah gute Tage, dann wieder böse, und wurde über hundert Jahre alt. Einst saß er in seinem Garten unter dem alten Birnbaum, da kam ein altes Männchen auf einem Esel geritten, das sich schon mehrmals als des Schmiedes Schutzgeist bewiesen hatte. Dieses Männchen herbergte bei dem Schmied und ließ den Esel beschlagen, was jener gern that, ohne Lohn zu heischen. Darauf sagte das Männlein zu Peter, er solle drei Wünsche thun, aber dabei das Beste nicht vergessen. Da wünschte der Schmied, weil die Diebe ihm oft die Birnen gestohlen, es soll keiner, der auf den Baum gestiegen, ohne seinen Willen wieder herunter können – und weil er auch in der Stube öfter bestohlen worden war, so wünschte er: es solle niemand ohne seine Erlaubniß in die Stube kommen können, es wäre denn durch das Schlüsselloch. Bei jedem dieser thörigten Wünsche warnte das Männlein: Vergiß das Beste nicht, und da that der Schmied den dritten Wunsch, sagend: Das Beste ist ein guter Schmaus, so wünsche ich, daß diese Bulle niemals leer werde! – Deine Wünsche sind gewährt, sprach das Männchen, strich noch über einige Stangen Eisen, die in der Schmiede lagen, mit der Hand, setzte sich auf seinen Esel, und ritt von dannen. Das Eisen war in blankes Silber verwandelt. Der vorher arm gewordene Schmied war wieder reich, und lebte fort und fort bei gutem Wohlsein, denn die nieversiegenden Magentropfen waren, ohne daß er es wußte, ein Lebenselixier. Endlich klopfte der Tod an, der ihn so lange vergessen zu haben schien; der Schmied war scheinbar auch gern bereitwillig, mit ihm zu gehen, und bat nur, ihm ein kleines Labsal zu vergönnen, und ein Paar Birnen von dem Baum zu holen, den er nicht selbst mehr besteigen könne aus großer Altersschwäche. Der Tod stieg auf den Baum, und der Schmied sprach: Bleib droben! Denn er hatte Lust noch länger zu leben. Der Tod fraß alle Birnen vom Baum, dann gingen seine Fasten an, und vor Hunger verzehrte er sich selbst mit Haut und Haar, daher er jetzt nur noch so ein scheußlich dürres Gerippe ist. Auf Erden aber starb Niemand mehr, weder Mensch noch Thier, darüber entstand viel Unheil, und endlich ging der Schmied hin zu den klappernden Tod und accordirte mit ihm, daß er ihn fürder in Ruhe lasse, dann ließ er ihn los. Wüthend floh der Tod von dannen, und begann nun auf Erden aufzuräumen. Da er sich an dem Schmied nicht rächen konnte so hetzte er ihm den Teufel auf den Hals, daß der ihn hole. Dieser machte sich flugs auf den Weg, aber der pfiffige Schmied roch den Schwefel voraus, schloß seine Thüre zu, hielt mit den Gesellen einen ledernen Sack an das Schlüsselloch, und wie Herr Urian hindurchfuhr, da er anders nicht in die Schmiede konnte, wurde der Sack zugebunden, zum Ambos getragen, und nun ganz unbarmherziglich mit den schwersten Hämmern auf den Teufel losgepocht, daß ihm Hören und Sehen verging, er ganz mürb wurde, und das Wiederkommen auf immer verschwur. Nun lebte der Schmied noch gar lange Zeit in Ruhe, bis er, wie alle Freunde und Bekannte ihm abgestorben waren, des Erdenlebens satt und müde wurde. Machte sich deshalb auf den Weg, und ging nach dem Himmel, wo er bescheidentlich am Thore anklopfte. Da schaute der heilige Petrus herfür, und Peter der Schmied erkannte in ihm seinen Schutzpatron und Schutzgeist, der ihn oft aus Noth und Gefahr sichtbarlich errettet, und ihm zuletzt die drei Wünsche gewährt hatte. Jetzt aber sprach Petrus: Hebe dich weg, der Himmel bleibt dir verschlossen, du hast das Beste zu erbitten vergessen: die Seligkeit. Auf diesen Bescheid wandte sich Peter, und gedachte sein Heil in der Hölle zu versuchen, und wanderte wieder abwärts, fand auch bald den rechten breiten und vielbegangenen Weg. Wie aber der Teufel erfuhr, daß der Schmied im Anzuge sei, schlug er das Höllenthor ihm vor der Nase zu, und setzte die Hölle gegen ihn in Vertheidigungsstand. Da nun der Schmied von Jüterbogk weder im Himmel noch in der Hölle seine Zuflucht fand, und auf Erden es ihm nimmer gefallen wollte, so ist er hinab in den Kiffhäuser gegangen zu Kaiser Friedrichen, dem er einst gedient. Der alte Kaiser freute sich, als Peter kam, und fragte ihn gleich, ob die Raben noch um den Thurm flögen? Und als der Peter das bejahte, so seufzte der Rothbart. Der Schmied aber blieb im Berge, wo er des Kaisers Handpferd und die Pferde der Prinzessin und die der reitenden Fräulein beschlägt, bis des Kaisers Erlösungsstunde auch ihm schlagen wird.

Quellen: