<<< zurück | Die Sagen des Kiffhäusers und der Güldenen Aue... | weiter >>>
Kaiser Friedrich der Rothbart im Kiffhäuser
Kaiser Friedrich der Rothbart unternahm einen Kreuzzug in das heilige Land, das den Türken zu entreißen, von dannen er nicht wieder heimkehrte. Und bald darauf entstand im Volk mancherlei Gerücht und Sage, daß er nicht, wie doch die Kunde war, gestorben sei, sondern noch lebe, und wiederkommen werde. So wurde gesagt, er sei in einen Berg verzückt und gebannt, und nennen Manche den Untersberg bei Salzburg, andre einen Felsen bei Kaiserslautern, darin der Kaiser verzaubert sitzen soll. Am meisten aber wird der Kiffhäuser als solcher Berg genannt. Da hinein soll er sich selbst verflucht haben mit seiner Tochter und allem Hofgesinde bis zur Zeit seiner Wiederkehr, Da sitzt er nun im Bergesschooß umgeben von seinen Wappnern in einer glänzenden Halle, an einem güldenen Tisch und trägt auf dem Haupt eine alte güldne Krone. Des Kaisers rother Bart ist durch den Tisch gewachsen, und reicht zweimal schon um den Tisch herum. Wenn er aber zum drittenmal herum reicht, dann wird der Kaiser heraufkommen, das Reich wieder behaupten, das Regiment bessern und das gelobte Land mit dem heiligen Grabe dem Türken abgewinnen. Dann wird er seinen Schild hängen an den dürren Ast eines Birnbaumes, der auf dem Rathsfeld steht, und eine große Schlacht wird dann geschlagen werden, der Baum aber wird grünen und blühen. Auch schläft der Kaiser nicht, sondern er nickt und zwinkert mit den Augen, wie im Halbschlummer, und alle hundert Jahre sendet er einen Zwerg hinauf, zu schauen: ob die Raben noch um die alte Burgwarte von Kiffhausen fliegen? Wenn er nun wieder kommt und aussagt, daß sie noch fliegen, wird der alte Kaiser trauriger wie zuvor, und nickt und schlummert wieder fort.
So haben ihn schon Manche gesehen.
Quellen:
- Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung