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Die Jungfrau mit dem Zopf

Ein Graf von Henneberg zog nach Italien und in das heilige Land. Dort lernte er die Tochter eines Königs von Arabien kennen und gewann ihre Liebe, jedoch mußte er sie verlassen, schied sich mit Schmerz von ihr und reiste nach seiner Heimath zurück. Die arabische Prinzessin wurde darauf von der heftigsten Sehnsucht ergriffen, die sie eine Zeitlang zu überwältigen suchte, allein ihre Liebe war allzu mächtig und vermochte nicht länger zu widerstehen, zog deßhalb mit vielen Schätzen aus ihrem Vaterlande und dem Geliebten nach.

Als sie in die Gegend des Klostes Veßra kam, hörte sie von den beiden Thürmen der Kirche sowohl, als auch von den umliegenden Ortschaften lange anhaltendes feierliches Geläute. Nun forschte sie, was das zu bedeuten habe? Da wurde ihr zur Antwort: sie müsse wohl sehr weit her kommen, daß sie nicht wisse, daß heute der Landesherr seine Hochzeit feiere, und man nannte ihr dessen Namen. Das war nun aber leider ihr Geliebter, die arme Prinzessin wurde fast unsinnnig vor Schmerz. In ihrer Verzweiflung riß sie sich ihren starken Zopf ganz aus, dann nahm sie den Schleier und verwandte all' ihr Geld und Gut und reichen Schatz zu frommen Werken, von diesen nennt man noch die Klostermauer um Veßra, und die Brücken von Ober- und Untermaßfeld, in welchen Orten man auch diese Sage ganz so, wie um Veßra, erzählt, nur daß die Sarazenin über Henneberg gekommen sei. Den Grafen aber rührte tief die Liebe und der Schmerz der fremdländischen Jungfrau, er ließ ihr Bildniß als Helmzier auf sein Wappen sehen und allenthalben anbringen, daher kommt auf dem Hennebergischen Wappen die Jungfrau mit dem Zopf, wie es in Veßra, an der Kapelle neben der Obermaßfelder Brücke und anderwärts häufig noch heute zu ersehen ist. In Veßra wurde die Araberin begraben, dort war ein Monument im obern Chor der Kirche, eine Jungfrau mit schwebenden oder zu Feld geschlagenen Haaren, in Stein gehauen, auf sechs Säulchen, welche Jungfrau, wie eine alte Nachricht aussagt, soll eine Königstochter gewesen sein und durch Heereszüge mit in dieses Land gekommen. Sie hat ihr Leben allda beschlossen, und etliche Kleinod, so sie bei sich gehabt, ins Kloster gegeben. Sie hatte einen langen Mantel über dem untern innern Kleide oder Rocke, einen schmalen Gürtel, ein edel Gespang forn unter dem Halse auf der Brust hangen und einen Leidschleier oder Binde von dem Haupt bis auf die Füße hangen. An dem Kissen unter dem Haupt zu beiden Seiten zwei Engel, so dieß Kissen halten. Also war der Sarazenin Denkmal beschaffen.

Quellen: