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Der Teufelsstein
In nicht geringer Weite von Themar liegt nach dem Thüringer Waldgebirge zu ein 70 Fuß hoher, an drei Seiten fast senkrechter Basaltfels, der Teufelsstein oder Feldstein. Er gleicht einem dunkeln Riesengebäu, und es ist wunderbar, daß die hervorragenden Spitzen der regelmäßig über einander gethürmten Basaltmassen bewegt werden können, ohne daß Jemand im Stande ist, eine solche vom Ganzen loszureißen oder abzubrechen. Wie dieser Fels an diesen Ort gekommen, berichtet die Sage folgendermaßen: Auf der Steinsburg (dem kleinen Gleichberg bei Römhild) hauste ein finstrer und menschenfeindlicher Ritter in einer altergrauen, verfallenden Veste. Er hatte eine Tochter, die er sorglich hütete und dem Kloster bestimmte, doch verließ diese bisweilen im Geleit ihrer Amme, wenn der Ritter auf die Jagd gezogen war, die finstre Hochburg, und so geschah es durch des Himmels Fügung, daß sie einen jungen und schönen Ritter sah und innig lieb gewann.
Dieser säumte auch nicht lange, um das Edelfrâulein bei ihrem Vater zu werben, welcher aber zum Unglück in ihm den Sohn seines Todtfeindes erkannte und ihm mit Hohn Entfernung gebot. Er rief aus: Lieber will ich dem Teufel meine Tochter geben, als Dir! Auf diese Rede warf der junge Ritter ihm den Fehdehandschuh vor die Füße und drohte, er werde morgen mit dem Frühesten mit reisigen Mannen kommen und ihn bald eine andre Sprache lehren. Dann ging er von dannen, der alte Burgherr aber erschrack, denn seine Burg war viel zu morsch und baufällig und schlecht bemannt, als daß sie bei einem Sturm ihm hätte eine sichere Schirmwehr sein können. Und er trat im Abenddunkel hinaus in den Wald und berief den bösen Feind, welcher auch erschien. Diesen beschwur er, noch in derselben Nacht vor dem Hahnschrei des Morgens einen dreifachen unübersteiglichen Mauerring um die Burg zu thurmen. Dieses versprach der Böse, forderte aber als Lohn für sein nicht geringes Bemühen des Ritters Töchterlein und erhielt willige Zusage.
Alsbald begann ein wildes Treiben, ganze Legionen von Teufeln trugen Felsen und Steinblöcke herbei, und der dreifache Mauerwall thürmte sich rund um den Berg mit erstaunlicher Schnelligkeit empor. Die kluge Amme aber mochte den Bund behorcht haben, oder ahnen, was das alles bedeute, und schlich lange vor dem ersten Hahnkrat mit einem verdeckten Licht zum Hühnerstalle, gerade als Meister Urian sich mit einem entseßlichen Felsen zum Schlußstein durch die Luft schleppte und noch drei Stunden Wegs von der Burg entfernt war. Plötzlich ließ die Amme dem Hahn das Licht sehen, dieser glaubte, es sei Tageszeit, und krähte laut. Darob erschrack der Teufel und warf alsbald seine Last zornig auf die Erde, zerstörte sodann den ganzen fast vollendeten Bau und nahm, anstatt der Jungfrau, den alten Ritter, den er unter die prasselnden Steintrümmer schleuderte. Noch sieht man die gigantischen Steinringe um den Gleichberg, und jener Fels, den der Teufel zur Erde schleuderte, ist der Teufelsstein bei Themar.
Manche sagen, daß ein großer Schatz darunter liege, den der Neid des Bösen durch den mächtigen Fels verschlossen habe. Weithin ist dieser Stein verrufen, ja bis in das Böhmer Land, wo die Leute den Wunsch thun: Ich wollte, du wärest, wo der Teufel den Stein abgeladen hat. Das hat ein Soldat aus Oestreich gesagt, der den Stein aufsuchte und sich freute, einmal da zu seyn, wohin ihn seine Aeltern als Kind so oft gewunschen.
Quellen:
- Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung