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Landgraf Ludwigs und der heiligen Elisabeth Abschied

Da Landgraf Ludwig mit Gefolge von 200 Rittern nach dem heiligen Lande zog, geleitete ihn seine treue und fromme Gemahlin Elisabeth zwei Lagereisen weit von Eisenach; sie rasteten die erste Nacht in Schmalkalden und zogen von dort am St. Johannistage gen Meiningen, wo sie den zärtlichsten Abschied nahmen. Denn da es nun andem war, daß sie beiderseits von einander scheiden sollten, umarmte der Landgraf seine treue Gemahlin, zeigte ihr einen Ring, in dessen Stein ein Agnus Dei geschnitten war, und sprach bekümmert, unter Schluchzen und Thränen: Liebes Elisabethlein, herzallerliebstes Gemahl, Du mein edelster Schah, Du Spiegel aller Ehren und Tugend, merke das Bild dieses Ringes; wenn ich Dir Botschaft sende, sollt Du an diesem Zeichen erkennen, ob es von mir kommt, oder nicht, und dadurch sollt Du auch erfahren, ob ich lebendig oder todt bin. Ich segne Dich, allerliebstes Gemahl, meines Herzens Lust und Freude, und der allmächtige Gott segne die Frucht, die du trägst, und behüte Dich und sie vor allem Leid, auch unsere Verwandte und Unterthanen. Und beide küßten sich und wendeten sich mit Thränen von einander ab. Und sie haben hernach einander nicht wiedergesehen. Zum Gedächtniß dieses schmerzlichen Abschiedes hat die heilige Elisabeth eine Kapelle in Meiningen erbauen lassen, zu welcher bald nach dem Tode der frommen Landgräfin eine große Wallfahrt entstand.

Quellen: