<<< | Sagen aus Thüringens Vorzeit, den drei Gleichen, dem Schneekopf und dem thüringischen Henneberg | >>>
Die Jungfrauen auf dem Rupberg
Oft schon haben die Köhler am Rupberg bisweilen eine, bisweilen drei weiße Jungfrauen erscheinen sehen. Es sind verwünschte Fräulein aus der alten Ritterburg, die auf dem Berg stand; Niemand weiß, warum sie wandeln müssen. Einem Holzbauer ist es begegnet, daß er, wie er von Mehlis auf den Berg an sein Geschäft ging, im Walde ein Fräulein erblickte, das vor ihm herging. Auf einmal nießte es, und der Holzhauer sagte: Gott helf! aber das Fräulein drehte sich nicht um, dankte auch nicht. Nach einer Weile nießte es abermals, und der Holzmann sagte wieder: Gott helf Dir! Das Fräulein schwieg und ging weiter; bald nießte es zum dritten Mal, da lief dem Holzmann die Laus über die Leber, und er rief ärgerlich: Ei so helf Dir der Teufel, wenn Dir Gott nicht helfen will! Auf dieses Wort drehte sich das Mägdlein um, sah den Holzbauer traurig an und sprach mit beweglicher Stimme: Hättest Du noch einmal gesagt: Gott helf! so war ich erlöst und Dein Glück war gemacht. Hierauf verschwand sie vor seinen Augen an einem alten Buchenstock, der noch im Walde steht.
Quellen:
- Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung, Band III S. 180-181