Dies ist eine alte Version des Dokuments!


<<< | Sagen aus Thüringens Vorzeit, den drei Gleichen, dem Schneekopf und dem thüringischen Henneberg | >>>

Die Croaten in Suhl

Im Jahr 1634, am 15. October, brach über Suhl ein schreckliches Schicksal herein. Es war Gottesdienst, als plötzlich das Geschrei: der Feind! der Feind! laut wurde, und Alles mit Angst erfüllte. Herzog Wilhelm von Sachsen, schwedischer General Lieutenant, ließ sogleich Allarm blasen und sprengte mit seiner Reiterschaar die Rückbreche hinter Suhler Neundorf hinauf, aber diese wurde bald von dem anrückenden Croatenschwarm unter Isolani geworfen, und einem verderblichen Heuschreckenzug gleich, nahte er mit Geschrei und Getümmel der Stadt, in welche sich, ihrer von den Heerstraßen entlegenen Lage halber, viel Volk aus andern Städten und Dörfern mit Geld und Gut geflüchtet hatte, so daß Kutschen, Wagen und Vieh sogar die Straßen sperrten. Zwar versuchten die Bürger eine Abwehr, aber die offene Stadt konnten sie nicht lange vertheidigen, und es begann alsbald eine regellose Flucht, alles durcheinander. Der Herzog mit seinen Reisigen entwich eilend über die Röder1), der Amtsschultheiß und die Geistlichkeit verließen die Stadt, und auf allen Wegen ringsum wimmelte es von Fliehenden, auch den Domberg hinauf kroch eine bunte Menge. Aeltern wurden von den Kindern hinweggedrängt, Kinder suchten schreiend ihre Aeltern, und des sichern Lodes gewärtig, blieben nur die Kranken, Alten und Schwachen in der Stadt zurück.

Nun begann das Wüthen der Croaten in ihrer gewohnten Weise, 83 Personen wurden theils auf der Stelle erschlagen, theils, um Geld zu erpressen, auf jede nur ersinnliche Weise zu Tode gemartert. Unzähliche wurden zu Krüppeln gehauen, auf der Flucht von den nachjagenden Feinden ergriffen und gemordet, oder in die Stadt an den Schweifen der Rosse zurückgeschleppt, um ihre Schätze zu offenbaren; die Croaten legten den Gefangenen Schraubstöcke an die Glieder, fesselten sie mit Stricken, gossen ihnen Schwedentränke ein und wütheten mit Gräueln und Plünderung eine ganze Nacht lang. Am andern Morgen fielen einige Rathsherren dem Isolani zu Füßen, flehentlich bittend, die Stadt mit Brand zu verschonen, aber er hörte sie nicht an, sondern marschirte weiter, seinen Horden überlassend, was sie thun wollten.

Da stieg um acht Uhr die Feuersäule empor, und Nachmittags um drei Uhr lagen 769 Häuser in Asche, zwei Kirchen, zwei Schulen, zwei Herrschafthäuser, zwei Rathhäuser, drei Rathsmühlen, die Wohnungen der Geistlichen und Lehrer, vier Eisenhämmer und Rohrschmieden etc. Menschen und Vieh verdarben in dem Feuer und kamen elend um das Leben. Vom Kirchengut blieb wunderbarer Weise nichts übrig, als das umflorte Crucifix, das man bei Leichenbegängnissen zu tragen pflegte, welches mitten in der Gluth unversehrt an der Mauer stehen blieb. Es blieben etwa nur funfzig Hütten vom Feuer verschont, welche entlegen standen; mehre Einwohner waren sogar als Gefangene mit fortgeschleppt worden. Endlich kehrten die Entflohenen nach und nach zurück, und am 26. Mai wurde auf der Mühlwiese unter freiem Himmel wieder die erste Predigt gehalten. Dann wurde die Stadt allmälig wieder aufgebaut.

Quellen:


1)
Berg und Weg nach Schmiedefeld