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Hans Nebel
Es war zu Arnstadt ein Bürgermeister, Hans Nebel, nach andern Bohne genannt, seines Gewerbes ein Schuhmacher, dessen Geiz und Unvorsichtigkeit die Stadt in das größte Verderben stürzte, und seinem Gedächtniß einen ewigen Makel aufbürdete. Derselbe bewohnte ein altes und schadhaftes Haus am Markt neben dem grünen Löwen, und hatte in den Hundstagen, am 7. August, zur Zeit des Nachmittags, den unglücklichen Einfall, seine morsche Dachrinne auspichen zu lassen. Da nun derjenige, der das Werk verrichten sollte, noch vor dem Beginn Nebel warnte, es wegen der großen Dürre nicht zu thun, so wurde der Bürgermeister zornig und rief: Gieß drauf los ins Teufels Namen! Kaum war das Wort gesprochen, so entzündete sich das Pech, floh nach allen Seiten und im Nu stand das Dach in vollen Flammen; das Feuer lief wie Katzen über die Dächer hin, sprang von einer Gasse zur andern über, rollte wie feurige Fässer durch die Straßen, so daß bald die Stadt an allen Orten und Enden zugleich brannte. Da wurden die uralte, zur Ehre des Schutzheiligen der Stadt erbaute Bonifaciuskirche, die Gallerie, Rathhaus, Pfarr- und Schulhäuser ein Raub der Flammen, und das Herz der Stadt brannte mit 387 Häusern binnen 3 Stunden aus. Der Urheber dieses Unglücks entfloh nach Erfurt. Noch heute wird zum Gedächtniß dieses großen Brandes in Arnstadt an jedem Montag nach dem 7. August eine Brandpredigt gehalten.
Quellen:
- Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung