<<< | Sagen aus Thüringens Vorzeit, den drei Gleichen, dem Schneekopf und dem thüringischen Henneberg | >>>
Der Baumeister der Liebfrauenkirche
Es ist zu Arnstadt eine bekannte Sage, daß die schöne Liebfrauenkirche durch eine fromme Gräfin erbaut worden. Sie hatte aber das Werk so gar groß anfangen lassen, daß es ihre Kräfte zu übersteigen drohte. Da soll der Baumeister zu ihr gesagt haben: Frau Gräfin, wenn Ihr mit Euerm Gut den Kirchenbau zum fröhlichen Ende bringt, will ich dieß und das thun. Und vermaß sich hoch und theuer, etwas zu thun, was nicht jeder kann, und was man nicht sagen darf. Die Gräfin hatte aber einen guten Muth und ein festes Gottvertrauen, und baute fort. Und wie sie den letzten Heller ausgegeben, war auch der Kirchenbau vollendet. Da mußte der Baumeister thun, was er sich verheißen, wie schwer es ihm auch ankam, und also ist er auch noch abgebildet oben an einem Pfeiler in der Kirche zu ersehen. Die Gräfin wurde Nonne bei den Benedictinerinnen, deren Kloster hinter die Liebfrauenkirche verlegt wurde. Die heutige Wasserkunst soll der Nonnen Sprachhaus gewesen sein. Auch führten unterirdische Gänge von dem Kloster nach dem Markt, unter die Gallerie und in die Bonifaciuskirche, wie in das Franciscanerkloster.
Quellen:
- Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung