Seltsame Schwärmer

Im Jahr 1454 hat sich in Thüringen, zumal um Sangerhausen und in der Schwarzburgischen Unterherrschaft vor dem Harze eine wunderliche Ketzerei angefangen, und die ihr anhingen, Männer und Frauen, kamen heimlich zusammen in Kellern und dunkeln Gewölben, wo sie, der Sage nach, den Teufel anbeteten, der in Gestalt einer Hummel erschien und jedem vor den Mund flog. Wenn die Andacht vorbei war, wurden die Lichter ausgethan, und Alle griffen nun um sich, und wen jeder vom andern Geschlecht ergriff, mit dem ward frech gesündigt, es mochte Mutter, Schwester oder Tochter sein.¹⁾ Ein Schmied offenbarte es dem Landesherrn und führte ihn verkappt in eine solche Versammlung, daß er selbst den Gräuel sähe; darauf wurden die Meisten dieser Sektirer ergriffen und verbrannt, viele aber gingen freudig zum Tode.

In demselben Jahre zog der Barfüßer Kapistranus durch Thüringen und predigte öffentlich vor allem Volk Buße und Sittenbesserung, verdammte alles Spiel, alle Welteitelkeit und Pußsucht, und verbrannte auf den Märkten Saitenspiele, Bretspiele, Würfel, Karten, Spieltische, Weiberzöpfe, sonderlich in Erfurt, was ihm alles vom Volk willig zugetragen wurde. Er ließ auch die Juden nöthigen, seine Predigten zu hören.

Hernach ist es geschehen, daß im 1475sten Jahr vor Petri- und Pauli - Tag sich eine Wallfahrt erhob, daß unzähliges Volk wie besessen und vom Veitstanz befallen, zum heiligen Blut zur Welsnacht wallfahrte, so daß alle Tage bei anderthalbtausend und mehr liefen, bis zum Winter. Und wurden die Menschen von der Sucht des Wallens plötzlich überfallen, in Feld und Gehölz oder wo sie sonst waren, im Geschäft oder im Müssiggang, es liefen Alte und Junge wunderbarlicher Weise, und Gott wußte, was es bedeuten sollte.

Quellen:

• Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung