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Große Wasserfluth
Während das Thüringer Land im Allgemeinen sich in etwas erholte, ward es doch da und dort durch Ritter- und Bürgerkriege erschüttert, bald aber sollte eine ereignißreiche und schwere Zeit hereinbrechen. Prophetische Zeichen sah das Volk am Himmel. Im Jahr 1337 stand vier Monate lang ein Komet, zu dem sich im zweiten Monat ein zweiter gesellte, der ein Vierteljahr lang gesehen wurde. In Erfurt regnete es Blut, im folgenden Jahre kamen Heuschreckenzüge, die im Flug die Sonne verdunkelten, man mußte die Brunnen zudecken, damit sie nicht hinein fielen. Einem grausam kalten Winter 1341 folgte 1342 eine fast allgemeine Wassersnoth. Die Saale ergoß sich mit Ungestüm, und riß Häuser, Ställe, Scheunen, Brücken, Stege, Bäume und alles mit sich fort, unendlichen Schaden verursachend. Die Werra strömte im schnellen Erguß am 21. Juli durch die ganze Stadt Meiningen, daß viele alte Leute und Kinder ertranken, zerstörte Wege und Brücken zu Vach, und ging zu Kreuzburg über die Stadtmauer; die Unstrut überfluthete das ganze Ried, und ersäufte die Aecker; die Helme desgleichen; die Nesse und Hörsel überschwemmten Eisenach, und machten alles unwegsam. Auch alle großen Ströme Deutschlands ergossen sich furchtbar und zerstörten die stattlichsten Brücken. Wie sich die Weser ergoß, ist unbeschreiblich, zu Minden stieg sie den Markt hinauf und lief in den Dom. Hausrath, Häusertrümer, Vieh aller Art, selbst menschliche Leichname trieb das Wasser an vielen Orten vorbei, daß es ein Anblick zum Erbarmen war, doch sollte noch größeres Wehe nachfolgen.
Quellen:
- Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung