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Der Ketzerrichter

Nach Thüringen kam mit des Papstes Geleit auf sein Geheiß und seine Vollmacht ein eifriger Pfaffe, Meister Konrad von Marburg, daß er den Ketzern überall nachspüre und Keßerei ausreute, wie ein giftiges Unkraut, der hielt ein strenges und unmenschliches Gericht über Alle, welche der Ketzerei heimlich angeklagt waren, sie mochten nun derselben schuldig sein oder nicht, und ließ verurtheilen und verbrennen ohne Gnade. So in Erfurt 4 Menschen. Ihm folgten zwei Klostergeistliche von gleicher Sinnesart als Gehülfen und Urteilsvollstrecker, Konrad von Tors, und Hans, einarmig und eindutzig.

Der herrische Pfaffe umstrickte ganz und gar die fromme Landgräfin Elisabeth, machte sie zum Werkzeug seines Willens, sorgte, daß sie ihren Wohnsitz in Marburg aufschlug, entfernte von ihr ihre treuen Dienerinen, die ihre Jugend gesehen und mit ihr aufgewachsen, drang ihr andre auf, die sich ihr zuwider machten und alles, was sie that und vornahm, Konrad hinterbrachten; ja der freche Pfaffe ging so weit, das er Elisabeths junges Kind, das sie nach ihres Gemahls Tod geboren, von ihrem Herzen riß, damit es ihr an den geistlichen Uebungen nicht hinderlich sei, und die Engelseele der frommen Frau trug alles mit himmlischer Geduld.

Nicht so aber ertrugen Andre des Ketzerrichters Anmaßung und Gewalthätigkeit, denn als er es kecklich gewagt, mehre hohe Grafen und Herren, darunter einen Grafen von Henneberg, einen von Sayn, einen von Solm, eine Gräfin von Loos u. a., anzuklagen, um auch sie gern brennen zu sehen, oder beträchtliche Ablösungssummen von dannen zu tragen, gewann es mit ihm ein trübseliges, zugleich aber erfreuliches Ende, denn er wurde auf der Heimreise überfallen und erschlagen, deßgleichen Konrad von Tors; und Hanns, der zwar entrann, fand außerhalb Thüringens den Tod am Galgen. Fortan hatte es für lange in Thüringen und dem übrigen Deutschland ein Ende mit dem Ketzergericht und der Inquisition, wie groß Leid dies auch den Päpsten mag gewesen sein.

Quellen: