<<< | Sagen aus Thüringens Vorzeit, den drei Gleichen, dem Schneekopf und dem thüringischen Henneberg | >>>

Zeichen am Himmel und auf Erden

In diesen Zeiten sind in Thüringen viele seltsame Zeichen gesehen worden, welche die Menschheit in Furcht und Schrecken setzten. Starke Gewitter, fallende Eisklumpen, große Hitze, daß die Flüsse Werra und Saale vertrockneten und man Stunden lang trocknen Fußes in ihren Betten gehen konnte. Man sah Wolkenzüge brennend und feurige Strahlen schießend, gegen einander ziehen. Heuschreckenheere kamen aus Osten, so dicht, daß sie auf Meilenweite wolkengleich die Sonne verdeckten. In einer Stunde zehrten sie das Getraide von hundert Acker Land auf; ihre Körper waren Daumens dick und ihr Hin- und Herschwärmen hielt zwei Monate lang an, zum großen Schrecken des Volkes; Hungersnoth und geschwindes Sterben folgten darauf, letzteres wohl zum Theil mit durch die zahllosen Haufen der Heuschrecken entstanden, die gleichsam in Abtheilungen, wie geordnete Kriegsheere, gezogen sein sollen, sich jedesmal des Abends um 9 Uhr niederließen und des Morgens bei Sonnenaufgang aufbrachen. Wo sie gelagert, war das Land wie durch Hagelschlag verwüstet; sie flogen des Tags fünf Meilen weit, bis der Wind die Meisten in das britanische Meer trieb, wo sie ersoffen. Aber das Meer spülte sie wieder todt an die germanischen Küsten, thürmte die Cadaver zu Bergen am Ufer auf, wo sie nun verfaulend die Luft weit und breit verpesteten.

Der Hungersnoth und dem Sterben folgte dann ein fürchterlicher Winter, es schneite 875 vom 1sten November bis Georgii in einem fort; Wege, Wälder und Felder waren mit tiefstem Schnee bedeckt, daß die Leute nicht einmal Holz holen konnten, und die größten Ströme froren zu. An einigen Orten regnete Blut vom Himmel, auch fiel blutfarbener Schnee. Damals starb an Hunger und Seuchen in Thüringen und den Nachbarlanden das dritte Theil der Menschen aus.

Quellen: