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Der Klosterschatz

Im Pachthofe des ehemaligen Klosters Weissenborn diente vor vielen Jahren ein Knecht, dem träumte eines Nachts, es liege ein großer Schatz im Stalle unter der Wohnung des Pachters, welche früher einen Theil des Klostergebäudes ausmachte; doch hatte er keine Acht auf den Traum; als ihm aber zum zweiten Mal ganz dasselbe träumte, wurde er nachdenklich, erinnerte sich, daß wiederholte Träume etwas zu bedeuten hätten, und als er in der folgenden Nacht noch einmal dasselbe träumte, sprang er aus dem Bette und lief in den Stall. Da war der Schatz wirklich schon heraufgerückt, ein großer irdener Topf voll Goldstücke. Rasch wollte er zugreifen, als er über sich etwas schwebendes gewahrte, aufblickte und eines großen Mühlsteins ansichtig wurde, der an einem dünnen Faden hing und sich mit der größten Schnelligkeit drehte. Das neben stand ein Mann, so groß, daß sein Kopf an die Decke stieß, der hielt eine große Scheere in seiner Hand und setzte sie eben an, den Faden zu durchschneiden. Ein tödtlicher Schreck ergriff den Knecht, er sprang aus dem Stall auf den Hof heraus, dann aber schämte er sich seiner grossen Furcht und ging nochmals hinein, aber verschwunden waren allzumal Mann, Mühlstein und Schatz.

Quellen: