<<< zurück | Sagen aus Thüringens Frühzeit, von Ohrdruf und dem Inselberge | weiter >>>

Ludwig der Eiserne wird hart geschmiedet

Es war Landgraf Ludwig des Springers Sohn1) in seiner Jugend gütig und demüthig gegen Edle und Unedle, und sanft und verträglich, aber darum fürchteten ihn seine Mannen nicht, und er gewann unter ihnen viel muthwillige Leute, die seine Bürger drückten und das Land schädigten. Deßhalb hielten ihn seine Edelleute für einen Thoren, und seine Bürger und Bauern fluchten ihm und gedachten seiner übel, darum, daß sie wegen seiner Geduld verarmten und verdarben. Die Edeln sahen und wußten das wohl, verschwiegen es aber dem Fürsten um ihres Genusses willen, und die Armen konnten nicht an ihn gelangen wegen jenen. Viele sprachen, es wäre schade, daß er ein Herr des Landes geworden, denn er taugte nicht dazu, aber nichts desto weniger waren die armen Leute, Bürger und Bauern, in steten Aengsten und Betrübnissen wegen großer Ungebühr, böser Gewalt, harten Diensten, ungerechtem Gericht, bösen Anschlägen, Räubereien von den Feinden und Bedrängnissen von den Freunden.

Nun geschah es, daß der Landgraf zu einer Zeit jagte, wie er oft zur Kurzweil that, und von den Seinen abkam, da schon die Nacht hereinbrach. als er lange den Forst durchirrt, leichtete ihm das Feuer einer Waldschmiede in der Ruhl hell entgegen. Da trat er hin zu dem Schmied in grauen Kleidern und mit seinem Jägerhorn und bat Herberge. Laut fragte ihn der Schmied, wer er wäre, und er sprach: Ich bin der Jägerknechte des Landgrafen Ludwig einer. So antwortete ihm der Schmied: Pfui, pfui des Kunzenherrn, wer seinen Namen nennt, sollte allweg den Mund danach wischen, und schalt übel auf ihn fortwährend, sprach dann: Ich will dich gern herbergen, aber nicht um seinetwillen; zieh Dein Pferd in den Schoppen, da findest Du Gras, und behilf Dich diese Nacht, denn hier ist kein Bettgewand vorhanden. Darauf that der Landgraf, wie ihm geheißen war, und der Schmied in der Ruhl pflegte in der Nacht großer und harter Arbeit, brannte und hitzte das Eisen, und schlug dann mit dem großen Hammer darauf, daß die Funken stoben, und fluchte und schalt dabei auf den Landgrafen also:

Landgraf Ludwig, werde hart, werde hart!

Du schmähliger unseliger Herr werde hart, werde hart! Deine Edelleute schmeicheln Dir ins Angesicht und beschatzen Dein Volk, sie unterwinden sich Deiner Macht, einer verunrechtet Dir die Deinen, ein anderer beraubt sie, sie werden von dem Deinen reich, und Du verarmst mit den Deinen! Landgraf Ludwig, werde hart, werde hart!

So nannte der Schmied alles her, wie es im Lande beschaffen war, und verfluchte den Landgrafen in die Hölle. Der hörte alles mit an, schlief gar wenig diese Nacht und dachte dem nach, was der Schmied gesprochen, und wurde nun in seinem Muthe also fest, als er jemals weich gewesen war. Und in der Frühe des Morgens ritt er von dannen. Hatte viel gelernt von dem Schmied in dieser einen Nacht und übte hernach gar ein streng Regiment; wurde hart und eisern, trug ein Kleid von Eisen und hieß der Eiserne Landgraf allezeit. Darauf ist ein Sprichwort in Thüringen entstanden, das sagt von jedem harten und strengen Mann: Der ist in der Landgrafen-Schmiede zu der Ruhl gehärtet worden.

Lange hat die Schmiede gestanden, bis an ihre Stelle ein Zainhammer trat, aus dem später eine Schleifmühle wurde. Die Stelle wird noch gezeigt, wo die Schmiede stand, nah am Wasserfall in Malschens Garten und Hof, die nun den Herren Jacob Zimmermann und Johannes Ziegler gehören.

Quellen:


1)
Anmerkung Sagenwiki: Die Sage macht hier aus Ludwig dem I. und seinem Sohn Ludwig dem II. (der Eiserne) eine Person, was natürlich historisch falsch ist. Ludwig der I. war der erste Landgraf von Thüringen aus der Familie der Ludowinger. Sein Sohn war derjenige, der der Sage nach in Ruhla hart geschmiedet wurde und somit den Beinamen „der Eiserne“ bekam.