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Der flinke Tänzer
Als Landgraf Karl einst im Walde bei Broterode ein Jagen hielt, schoß er einen Hirsch von achtzehn Enden. Darüber war große Freude, und der Fürst stellte im Ort einen Tanz an, dem er selbst mit seiner Prinzessin beiwohnte. Darauf ließ sich vornehmlich ein flinker Bursche im Tanzen mit der Prinzessin trefflich sehen. Und als her nach der Landgraf gen Schmalkalden gezogen war, und dort der Bürgerschaft zu Ehren wieder einen Tanz anstellte, war kein Tänzer vorhanden, der es dem Broteröder gleich gethan hätte. Darüber wurde die tanzlustige Prinzessin niedergeschlagen und sah verdrüßlich aus; wie nun ihr Herr Vater die Betrübniß seiner Tochter sah, fragte er sie um deren Ursache, und die Prinzessin sagte ihm auch unverholen, daß sie sich ihren Tänzer aus Broterode wieder wünsche. Da sandte der Landgraf eitend hin und ließ seiner Tochter zu Willen ihren Tänzer auf das stattliche Schloß Wilhelmsburg zum Ball holen. Dieser kam voll Freuden und drehte und schwenkte die Fürstentochter also kräftig, daß ihr der stattliche Kopfputz vom Haupt auf den Tanzboden fiel, er aber war flink bei der Hand, hob ihn auf, drückte ihn der Tänzerin wieder auf den Kopf und sprach in seinem schlürfenden Dialect: Da mi Tochter, ech well Dr Dien Haid wedder uff'n Kopf druff sebe.
Immer noch lebt im Volk die Erinnerung an den flinken Tänzer
Quellen:
- Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung