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Geister und Schätze in Broterode
Neben dem Wirthshaus wurde ein Mann im dreißigjährigen Krieg erstochen, der spukt noch immer; er steht an der Hausecke in nachdenklich sinnender Stellung, die Arme über einander geschlagen; Viele haben ihn so gesehen.
Ein Haus ist dort, das man namhaft machen könnte, in dem es kurz zuvor, ehe eine Feuersbrunst ausbricht, oder sonst ein Unglück den Ort bedroht, grausamlich rumort und poltert. In Hirnickels Haus setzte sich oft Abends ein Männchen zu den Spinnerinnen. Andreas Papst war ein Sonntagskind, der kam zum Besuch, und fragte: ei, wer ist denn das alte hockruckerige Männchen dort hinter dem Kachelofen? Niemand sah etwas davon, nur Andreas Papst sah es, weil er ein Sonntagskind war.
Ein altes Haus, in dem es auch nicht geheuer war, wurde abgerissen; im Keller fand man ein kleines Gewölbe, das wollte die Besitzerin durchaus nicht öffnen lassen. Am andern Tage, nachdem man das Gewölbchen entdeckt hatte, fehlte ein Arbeiter und ein Nachbar; man fand das Gewölbe erbrochen und sah noch deutlich die Spur eines Kessels in den Boden eingedrückt. Jene beiden hatten den Schatz in der Nacht heimlich gehoben und sich damit auf und davon gemacht.
In dem angesehenen Haus eines reichen Kaufherrn kommt die Magd vom Felde, wohin sie den Taglöhnern das Mittagsessen gebracht hat, und sieht im Hof ein Kesselchen voll blanker Goldstücke stehen. Sie glaubt, ihr Brodherr wolle ihre Treue prüfen, geht zu diesem in die Stube und spricht: Daß Ihr ein reicher Mann seid, weiß jedermann, aber deshalb habt Ihr nicht nöthig, das Geld hinaus in den Hof zu stellen, um arme Dienstboten in Versuchung zu führen. Ich rühr' Euch nichts davon an und gestehe Euch auch nichts daran, wenn etwas fehlt. Verwahrt Euer Geld, wie sich's gehört. Der reiche Kaufherr weiß gar nicht, was die Magd will, fragt und geht mit ihr hinaus in den Hof, damit sie ihm das Geld zeige. Da steht es noch dort an der alten Stelle, das Gefäß voll blanker Goldstücke, und eine kleine Haue liegt darauf. Und indem schlägt die Dorfuhr zwölf, da versinkt das Kesselchen; rasch greift der Mann zu, aber nur die Haue bleibt in seiner Hand das Geld ist fort. Lange ist die Haue bei der Familie geblieben.
So gehen von Schätzen und Geistern in und um Broterode viele Sagen, die bald so, bald anders: erzählt werden, und nur von wenigen noch geglaubt.
Quellen:
- Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung