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Der tapfere Waltmann von Sättelstätt
Zu den Zeiten des Landgrafen Ludwig des Heiligen und seiner frommen Gemahlin Elisabeth lebte ein Ritter, Namens Waltmann, welcher über Sättelstätt seine Güter und eine steinerne Kemnate hatte, der war ein Dienstmann des Landgrafen und wegen seiner Tapferkeit an dem Fürstenhofe sehr wohl gelitten. Nun begab sich's, daß eine Tagfahrt gen Merseburg ausgeschrieben wurde, wohin der Landgraf zog, um friedlichen Vergleichs und mancherlei Berathung, dahin auch viele Herren und Ritter aus Sachsen, aus der Mark, aus Meißen, dem Osterland, Franken, Hessen und Thüringen. Da nun der Landgraf mit seinem Gefolge auszog am St. Walpurgistag, kam der gute Wappner und strenge Ritter Waltmann von Sättelstätt auch herzu, mit einer. stattlichen Rüstung angethan, und führte mit sich eine wohlgeschmückte Jungfrau, die ritt auf einem Zelter, trug einen Sperber oder Jagdfalken auf der Hand und führte einen guten Steuber (Stöber, Jagdhund). Je alle drei Meilen, hinwärts wie auf dem Heimweg, wo der Zug anhielt, ließ Herr Waltmann ausrufen, daß er mit jedem, der da wolle, eine Lanze zu brechen, bereit sei. Werde er nun bei solchem Rennen aus dem Sattel gehoben, so solle der Gegner Waltmanns ganzen Harnisch und sein Stechzeug gewinnen, sammt dem Sperber und dem Steuber, ihn selbst solle die Jungfrau auslösen mit einem goldnen Fingerring. So aber Herr Waltmann nicht niedergeworfen werde, solle der Gegner der Jungfrau nur ein goldnes Ringlein zum Geschenk geben. Da fanden sich der Herren viele, die auf Waltmanns Rennen warteten und unterwegs Ritterschaft mit ihm üben wollten, so daß sie sich sogar darüber entzweiten und mit einander darum stritten, welcher den Vorrang haben sollte, mit dem tapfern Waltmann zu rennen, bis sie sich dahin vereinigten, daß der das Vorrennen haben sollte, den er selbst unter ihnen dazu wählen werde. Und so mannlich hielt sich in diesem Schimpfspiel Herr Waltmann von Sättelstätt, daß er ohne Verlust auch nur eines Ringes die Jungfrau nach Merseburg brachte und wieder zurück in die Heimath. Und sie brachte so viele und mehr Fingerringe mit, als sie Finger an ihren beiden Händen hatte, die sie nun unter alle die Frauen und Jungfrauen, die um und bei der heiligen Elisabeth waren, austheilte. Das war eine große Freude und Fröhlichkeit, alle dankten dem frommen und tapfern Ritter und priesen seine große und herrliche Mannlichkeit.
Quellen:
- Ludwig Bechstein - Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes, Meiningen und Hildburghausen, 1857, Verlag der Kesselringschen Hofbuchhandlung