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Von dem armen Eli

In traulicher Waldstille in der Nähe Eisenachs liegt eine kleine Höhle, in welcher vor Zeiten ein frommer Einsiedel lebte. Es geschah in dem Jahre, als Elisabeth, die Landgräfin, ihre Tochter Sophia geboren hatte, daß Landgraf Ludwig genöthigt war, einen Ritt nach der Neuenburg zu machen; während nun der Herr fern weilte, übte sich die demüthige Fürstin in Werken der Mildthätigkeit, speiste und tränkte die Armen, pflegte die Kranken, und nähte ihnen Kleider, wie sehr auch ihre Schwiegermutter dazu scheel sah, sie mußte es leiden. Nun war ein armer Mann, Namens Elias, den man kurzweg Eli nannte, dieser war krank und nicht von sauberm Aussehen, aber Elisabeth pflegte sein, wusch und zwagte ihn säuberlich, ja sie trug kein Bedenken, ihn nach dem Bad in das Bette legen zu lassen, in welchem sie mit ihrem Gemahl schlief. Am selben Tag, da das geschehen war, kam der Landgraf zurück. Seine Mutter ging ihm gleich entgegen, und begann spöttiglich: Lieber Sohn, komm mit mir, ich will Dir ein Wunder zeigen, das Deine Elisabeth gethan, die sich's von mir nicht wehren läßt, faßte ihn bei der Hand, zog ihn fort hin zum Bette und rief: Nun sieh her lieber Sohn, auf daß Du der Wahrheit näher kommst; einen Aussätzigen legt sie in Euer Bette, was mich sehr ängstigt, weil Du dadurch vergiftet werden wirst. Darüber billig etwas erzürnt, riß er rasch die Decke ab, da that Gott seine innern Augen auf, daß er im Bette nichts fand, als ein gekreuzigt Christusbild. Wie er das sah, weinte er, sprach kein Wort, und wandte sich um; da begegnete er seiner Elisabeth, welche ihm nachgeschritten war, ihn zu versöhnen, daß er den armen Siechen schone. Er umarmte sie und sprach: Meine liebe Schwester, halte fest an Deinen Tugenden, und laß Dich durch Niemand irren, ich werde Deine Milde nie an Dir rächen und tadeln.

Danach ließ sie am Bergesfuß ein Spital bauen an die Stelle, wo später das Barfüßer-Kloster erbaut wurde, in welchem wohl zu jener Zeit an dreißig Sieche lebten, die nicht im Stande waren, sich den steilen Wartberg zum Schloß hinauf zu schleppen, zu denen ging alle Tage die milde Herrin herab und brachte ihnen Trank und Speise. Jener arme Eli aber genas und wurde ein frommer Klausner, der lange in jener noch heute nach ihm benannten Grotte wohnte, und die Menge, die zu ihm, als einem heiligen Mann, wallfahrete, zur Gottesfurcht ermahnte, im Unglück tröstete und vor Sünden warnte. Gott schuf durch die Frömmigkeit der Menschen, daß es ihm nie an dem gebrach, was bescheidenes Bedürfniß erheischte.

Quellen: