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Der Freimaurer als Hexenmeister
R. Scharnweber und O. Jungrichter: Sagen, Anekdoten und Schnurren aus dem Kreise Luckau N.-L., Berlin 1933
In Gruhno, südlich von Dobrilugk, wohnte vor vielen Jahren ein Freimaurer, welcher die Kunst des Festmachens vom Teufel erlernt hatte. Kein Mensch, der sein Haus oder Gehöft betrat, konnte dasselbe wieder verlassen, wenn er ihn durch einen Zauberspruch daran hindern wollte. Er hatte einen prächtigen Obstgarten, dessen Bäume immer das schönste Obst lieferten.
In einem Jahr war die Obsternte in der ganzen Gegend sehr jämmerlich, nur in dem Garten des Freimaurers wollten die Bäume unter der Last des Obstes brechen. Da kamen eines Tages drei fremde Männer, die in der Liebenwerdaer Heide im Sommer mit Waldarbeiten beschäftigt waren, auf den Gedanken, vor ihrer Heimreise den Garten ordentlich auszuplündern.
Sie kamen eines Abends mit mehreren Säcken nach Gruhno und warteten an einer versteckten Stelle bis es Nacht wurde. Dann kletterte einer von ihnen über den Zaun, und da er alles in Sicherheit fand, rief er leise dem einen Spießgesellen zu, ihm zu folgen. Während der erste einen Baum bestieg und mit dem Pflücken der Äpfel begann, quälte sich der zweite, ein schon etwas älterer Mann, den Zaun zu übersteigen. Gerade als er oben war, kam der Freimaurer und ging ganz langsam um die Bäume und dann am Zaun entlang, in der linken Hand einen Menschenknochen haltend und leise seinen Zauberspruch sagend:
„Ich binde dich mit eisern Band
Ich binde dich durch Satans Hand!
Hier sollst Du stille stehn
Nicht von der Stelle gehn
Bis nach dem dritten Hahnenschrei
Ich komme und mach dich frei!„
Dann machte er nach Morgen und Mitternacht einen Strich mit der rechten Hand in die Luft und ging ins Haus. Und die Diebe saßen fest. Als sie sich von ihrem Entsetzen ein bißchen erholt hatten, wollten sie aus dem unheimlichen Garten fort. Aber der Zauberspruch tat seine Wirkung: der alte Mann sprang vom Zaun und brach sich den Knöchel, so daß er liegenbleiben mußte; der andere Dieb blieb mit dem Fuße im Geäst des Baumes hängen, schlug mit dem Kopf nach unten und wurde am Morgen tot aufgefunden. Der dritte war entflohen; von ihm hat man nie wieder etwas gehört. Dem alten Dieb, der in der Nacht ganz weißes Haar bekommen hatte, schenkte der Richter, der auch ein Freimaurer war, später die Strafe und er soll nie mehr was Böses getan haben.
Quelle: Sagen aus dem Heimatkreis Finsterwalde 2016. Nr. 9