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Ludwig demüthigt einen Herrn von Salza

  Leben des heil. Ludwig S. 49 ff.
  Annall. Reinh. p. 195 sq.

In der Zeit, als der Landgraf in Welschland am kaiserlichen Hofe zu Cremona verweilte und länger als zwei Jahre aus seinem Lande war, hatte ein Herr von Salza auf dem Aldenberge, auf dem Grund und Boden des Klosters Reinhardsbrunn, einen Bergfrid errichtet und, obwohl ihn die Klosterherren in Güte baten und vermahnten, daß er auf ihr Eigen nicht bauen möchte, so ließ er doch nicht davon ab, sondern machte denselben Bergfrid von Tage zu Tage besser und fester. Als nun der Landgraf wieder in sein Land gekommen war, klagte ihm der Abt des Klosters gar beweglich den Frevel, den der von Salza an ihm begangen hatte, und bat ihn demüthig um Schutz und Hilfe.

Der milde Fürst überlegte die Sache bei sich und erwog, was hier zu thun sei. Bald darauf kam er an einem Sonnabend mit wenig Leuten nach Reinhardsbrunn, hatte aber seine Ritter in der ganzen Umgegend entboten und ihnen befohlen, daß sie am nächsten Sonntage früh bei guter Zeit mit Heerkraft zu ihm kommen sollten beim Aldenberge. Den Sonnabend übernachtete der Landgraf im Kloster zu Reinhardsbrunn. Am Sonntage gebot er in aller Frühe dem Abt und Convent des Klosters, daß sie keine Prozession gehen, noch das Hochamt singen sollten, bevor er wieder gekommen sei. Und er erhob sich mit seinen Leuten und zog zum Aldenberge. Dort fand er das Volk, das er entboten hatte, und legte sich sogleich vor den Bergfrid und gewann ihn leicht, nahm den Ritter von Salza mit den Seinen wegen seines Frevels gefangen, ließ sie mit Ketten binden und alle in das Kloster nach Reinhardsbrunn führen. Da mußten sie vor dem Kreuze und der Procession gebunden und gefangen in großer Schande und zum Spott hergehen, und als man den Umgang gehalten und die Herren nach ihrer Gewohnheit mitten in dem Münster standen, da mußten auch die armen Gefangenen dastehen. Darauf hub der Sangmeister nach einem Verse aus dem Psalter an zu singen: „Herr, du hast erniedrigt und gedemüthigt den Hoffärtigen von Salza als einen verwundeten und geschlagenen Mann, “ und der Chor und Convent sangen den Vers zu Ende. Diese Beschämung mußten sie erdulden, auch mochten wohl Einige ihren Frevel mit dem Tode büßen.

Nach dem Hochamt und der Messe hatten die Herren des Klosters dem Landgrafen ein köstliches Mahl bereitet und den Tisch wohl gedeckt und man that sich gütlich an Speise und Trank. Solches war früher nicht geschehen. Denn wenn der Landgraf das Kloster besuchte und darin Wohnung nahm, so war er mit Speise und Trank selbst versehen und brachte Futter mit für seine Pferde, denn es wäre ihm leid gewesen, das Gotteshaus zu Kosten und Aufwand zu nöthigen. Als man gegessen und wohl gelebt hatte und der Landgraf mit seinen Leuten wieder von dannen reiten wollte, rief er seinen Kammermeister und gebot ihm, daß er vergüten und bezahlen sollte, was man verzehrt und verthan hätte. Als dieser zu den Herren des Klosters kam und ihnen die Rede und den Willen seines Herrn mittheilte, entgegneten sie: Lieber Kammermeister, was wir arme Klosterbrüder haben und vermögen, davon wollen wir unserm Herrn und den Seinigen gerne mittheilen, nicht allein jetzt, sondern so oft es ihm beliebt und er darnach begehrt; er soll uns keine Kosten erstatten.“ Als der Hofmeister diese Rede hörte, ließ er sich das gesagt sein und bezahlte nichts, wie es die Gewohnheit der Mächtigen ist, daß sie das Geld gern behalten, wo es nur geht. Aber der Landgraf erfuhr, daß die Klosterherren nicht bezahlt waren und er beschied seinen Hofmeister zu sich und sprach: „Da du nicht bezahlen willst aus unserm Säckel und mit unserm Gelde, was wir neulich in Reinhardsbrunn verzehrt haben, so sollst du bezahlen mit deinem Gelde und es soll nicht anders sein. “

So zwang ihn der Herr, daß er bezahlte die Zehrung bis auf den letzten Pfennig.

Quellen: