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Gegen Nixen schützt Dorsten und Dorant

  Prätorius Weltbeschr. I, 106 ff. 531 ff.
  Bräuner's Curiositäten 34 ff.
  Grimm deutsche Sagen Nr. 65.
  Sommer Sagen, Märchen u. Gebräuche aus Sachsen u. Thüringen Nr. 36.

Prätorius erzählt, einer hallischen Wehmutter sei folgendes einmal begegnet. Nachts wurde dieselbe von einem Manne zum offenen Stadtthore hinaus an die Saale geführt. Unterwegs bedrohte sie der Mann ja kein Wort zu sprechen und nicht zu mucksen, sonst würde er ihr bald den Hals umdrehen, übrigens sollte sie nur getrost sein. Die Frau dachte an Gott hoffend, der würde sie schon behüten und ergab sich darein, denn sie ginge in ihrem Berufe. An der Saale that sich sogleich das Wasser und weiter unten auch das Erdreich auf; sie stiegen hinunter und kamen in ein schönes Schloss, darin ein niedliches Weibchen lag. Dieser half die Wehmutter in Kindsnöthen, unterdessen war der Mann wieder hinaus gegangen. Als alles glücklich gethan und geschehen war, sprach mitleidig das Weibchen: „ach, liebe Frau, nun jammert mich, dass ihr hier bleiben müsst bis an den jüngsten Tag; nehmt euch wohl in Acht, mein Mann wird euch jetzt eine ganze Mulde voll Dukaten vorsessen, nehmt aber nicht mehr, als euch auch andere Leute für eure Mühwaltung zu geben pflegen. Und wenn ihr dann zur Stube hinauskommt und unterwegs seid, so greift flugs an die Erde, da werdet ihr Dosten und Dorant erfassen, solches haltet fest und lasst es nicht wieder aus der Hand fahren. So werdet ihr auf freien Fuss und glücklich heim kommen.“

Kaum hatte sie das gesagt, so kam der Nix, gelbkraus von Haar und bläulich von Augen, in die Stube zurück. Er hatte eine grosse Mulde voll Gold und setzte sie der Frau vor, sprechend: „sich da, nimm so viel du willst.“ Sie nahm einen Goldgülden. Da verzog der Nix sein Gesicht, machte grausame Augen und sprach: „das hast du nicht von dir selber, sondern mit meines Weibes Kalbe gepflügt; die soll dafür leiden! Nun komm und geh mit mir. Die Frau stand auf und der Nix führte sie hinaus; da bückte sie sich und griff mit der Hand Dosten und Dorant. Ihr Führer sagte: „das hast du auch von meinem Weibe gelernt; nun geh nur hin, wo du hergekommen bist.“ Alsbald war sie aus dem Fluss am Ufer gewesen, ging zur Stadt hinein, deren Thore noch offen standen, und kam glücklich in ihr Haus.

Eine andere Hebamme aus der Gegend von Querfurt erzählte, dass in ihrer Heimath ein Ehemann ausgegangen war und seine Frau als Kindbetterin hatte zu Hause lassen müssen. Um Mitternacht kam der Nix vors Haus, nahm die Sprache des Mannes an und rief zum Gartenfenster hinein, sie sollte herauskommen, er habe ihr etwas Besonderes zu weisen. Das schien der Frau wunderlich und sie antwortete: „komm du doch herein, aufzustehen mitten in der Nacht schickt sich für mich nicht. Du weisst ja, wo der Schlüssel liegt, draussen im Loch vor der Hausthür.“ „Das weiss ich wohl,“ sprach der Nix“,du musst aber herausgehen,“ und plagte sie so lange mit Worten, dass sie zuletzt aufmachte und in den Garten kam. Das Gespenst ging vor ihr her und immer tiefer hinab; sie folgte nach bis zu einem Wasser in der Nähe des Hauses. Mittlerweile sprach der Nix:

„heb auf dein Gewand,
dass du nicht fallst in Dosten und Dorant,“

welche Kräuter viel im Garten wuchsen. Indem aber erblickte sie das Wasser und fiel mit Fleiss ins Kräutich hinein. Sogleich verschwand der Nir und konnte ihr nichts mehr anhaben. Nach Mitternacht kam der Ehemann nach Hause, fand Thür und Stube offen, seine Frau aber nicht im Bett und hub deshalb an erbärmlich zu rufen, bis er leise ihre Stimme im Garten vernahm und sie aus dem Kraut wieder ins Zimmer brachte.

Quellen: