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Die Königin Reinschwig

  Thür. Chronik bei Schöttgen u. Kreyssig diplom. et script. histor. germ. I, 56 sq.
  Vgl. Ursinus Chronik b. Menken III, 1264.
  Bange thür. Chron. Bl. 57.

Das Kloster zu St. Nicolaus, welches Adelheid, die Tochter Ludwigs, des ersten Landgrafen in Thüringen und Hessen, nach Eisenach verlegt und mit einer schönen Kirche und stattlichen Gebäuden versehen hat, lag zuvor auf St. Petersberg vor Eisenach in der alten Stadt, war sehr geringe an Gebäuden und die Brunnen und das Wasser waren ihm fern. Auch findet man geschrieben, dass dieses Kloster seinen ersten Anfang in Sättelstedt gehabt habe und von einer Königin Reinschwig erbaut worden sei. Darüber hat man in einer alten Chronik diese Erzählung.

Vor alten Zeiten war ein König in Schweden gestorben und hatte einen Sohn hinterlassen, der nach ihm Richter und König war. Die Königin aber, genannt Frau Reinschwig, betrübte sich sehr über den Verlust ihres Herrn, denn er war ihr gar lieb, und sie liess Gebet halten, Messen lesen und gab Almosen, dass ihr Gott offenbaren möchte, wo ihres Herrn Seele ihre Pein leide, damit sie erlöst werde. Da ward ihr geoffenbaret, dass er in dem gemeinen Fegefeuer der Thüringer leide, das wäre ein Berg nahe bei Eisenach, und die Stätte ward ihr bezeichnet. Da kam sie aus Schweden nach Eisenach und dahin, wo der Berg liegt, und fragte die Leute, die dort angesessen waren, ob sie da nichts hörten. Sie sagten, dass sie zu Zeiten erbärmlich Geschrei da hörten, und darum ward der Berg Hör Seeleberg genannt, den nun die Leute den Horsilberg nennen. Da bauete die Königin unten an den Berg eine Kirche und brachte in dieselbe viel gutes Heiligthum, bauete daneben auch ein Haus, darin sie mit drei Jungfrauen wohnte, demüthiglich und schwarz gekleidet, und kaufte Zinsen und Erbe, das nun dem Kloster zu St. Niclas in Eisenach gehört. Die Stätte unten an dem Berge ward Satansstatt geheissen, weil der Teufel ihr da erschien, das Dorf aber an dem Wasser wird noch „Setilstedt“ genannt. Als nun des Königs Seele von der Königin Reinschwig erlöst war, lebte sie nicht mehr lange und ward dort begraben. Zu ihren Jungfrauen kamen aber noch mehr arme und fromme Mägde, die Gott dienen wollten und sie gebrauchten die Zinsen und Almosen, welche Frau Reinschwig ihnen gelassen hatte. Weil sie aber des Nachts viel Ueberfall hatten von den Leuten, die auf der Strasse wanderten, ward ihnen gerathen, dass sie gen Eisenach ziehen möchten. Da baueten sie bei der Kirche auf St. Petersberg ein Klösterchen, darin wohnten sie lange Zeit, nährten sich und dienten Gott.

Andere Chroniken erzählen, dass die Königin Reinschwig nicht aus Schweden, sondern aus England nach Thüringen gekommen sei, um die Seele ihres gestorbenen Gemahls aus dem Fegefeuer im Hörselberge zu erlösen.

In Sättelstedt erzählte eine alte Frau, sie habe als Kind von ihrer Mutter und Grossmutter, auch von andern Leuten oft gehört, die Königin Reinschwig sei auf dem Hörselberg begraben und ihre goldenen Haare wären nachher aus dem Grabe herausgewachsen.

Quellen: