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Die Eierleger
In Jaxtheim war einmal eine Bauersfrau, die hielt nur ein paar Hühner, brachte aber immer eine große Menge Eier auf den Markt nach Krailsheim. Den Nachbarn war das schon lange verdächtig vorgekommen. Weil sie aber nicht herausbringen konnten, wie dies zugehe, so wandten sie sich an den Knecht des Hauses und beredeten diesen, dass er der Frau aufpassen solle. Dazu verstand er sich gern, denn ihm selbst war es schon aufgefallen, dass die Frau beständig zweierlei Brot backte, halb weißes, das sie allein aß, und schwarzes für die übrigen Hausgenossen. Als die Frau nun einmal wieder auf dem Markt war, suchte der Knecht nach dem halbweißen Brot und fand es endlich in der Schublade des Tisches, schnitt sich ein ordentliches Stück davon ab und aß es auf. Kaum aber hatte er das Brot im Leib, so musste er gackern wie ein Huhn, lief schnell in den Hühnerstall, setzte sich auf das Nest und fing an, Eier zu legen. Während er so dasaß, rief ihm sein Herr. Weil aber das Eierlegen gar kein Ende nehmen wollte und er deshalb nicht fortkonnte, so bat er seinen Herrn, dass er doch zu ihm in den Hühnerstall kommen möge. Und wie er nun kam und der Knecht ihm die ganze Geschichte erzählte, wollte der Bauer es erst nicht glauben. Um sich selbst davon zu überzeugen, ging er hin und aß auch ein Stück vom Hexenbrot. Alsbald fing er gleichfalls an zu gackern, lief, was er konnte, in den Hühnerstall, fetzte sich neben den Knecht aufs Nest, und beide legten nun miteinander eine ungeheure Menge Eier.
Jetzt wusste der Knecht, woher die Hausfrau die vielen Eier bekam. Nachdem er es den Nachbarn verraten hatte, wurde die Geschichte bald überall bekannt. Seitdem wollte niemand der Frau ihre Eier mehr abkaufen. Die Jaxtheimer aber erhielten wegen dieser Frau den Spottnamen Eierleger, den sie auch bis auf den heutigen Tag behalten haben.
Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852