<<< vorherige Sage | Kapitel 13 | nächste Sage >>>
Die Weilheimer Kirchweih
Eine mündliche Überlieferung aus Weilheim und Derendingen
Als die Bauern von Weilheim bei Tübingen einst Kirchweih hielten, kamen zwei Bettler vor das Dorf. Diese verabredeten miteinander, an dem heutigen Festtag nur um Kuchen zu bitten, und zwar der eine in Weilheim, der andere in Derendingen, wo ebenfalls Kirchweih war. Am Abend wollten sie dann teilen, was man ihnen geben würde.
Die Derendinger beschenkten den Bettler reichlich, die Weilheimer aber gaben dem ihren so wenig, dass beide Bettler wegen der Teilung in Streit gerieten, wobei der eine erschlagen wurde. Dies geschah vor Weilheim an der Straße nach Derendingen, da, wo jetzt eine Linde steht.
Wegen dieses Ereignisses beschlossen die Weilheimer, niemals wieder eine Kirchweih zu halten. Nach anderen wurde dieses Fest ihnen untersagt, weil sie an demselben einen Bettelmann hatten verhungern lassen. Jedenfalls lassen sich die Weilheimer ungern an diese Geschichte erinnern. Neckt man sie aber mit dem Kirchweihkuchen, den sie entbehren müssen, so behaupten sie kecklich, dass sie die ganze Woche Kuchen zu essen bekämen.
Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852