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Das Galgenbrünnele

  Eine mündliche Überlieferung aus Geißlingen

In Geißlingen wurde einst ein Mann verhaftet und zum Tode verurteilt, weil er einen Becher gestohlen haben sollte. Er wurde hinausgeführt, um an den Galgen, der an der Ulmer Straße, eine halbe Stunde vor Geißlingen sich befand, gehängt zu werden, beteuerte aber nochmals seine Unschuld, bevor er starb, und sprach: »So gewiss ich unschuldig bin, so gewiss wird ein Quell aus diesem Felsen entspringen und nie versiegen!«

Darauf wurde er gehängt, und kaum war er verschieden, so brach aus dem Felsen ein frischer Quell mit vortrefflichem Wasser hervor, das noch immer fließt und niemals versiegt. Das ist das Galgenbrünnele.

Späterer hat man auch den vermissten Becher wieder gefunden und die Unschuld des Gerichteten erkannt.

Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852