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Kinderbrunnen
Eine halbe Viertelstunde vor Böhmenkirchen auf der Alb liegt ein tiefer Brunnen, den noch die »Heiden« gegraben haben sollen. Man nennt ihn »Höllbrunnen«. Auch sagt man den Kindern, wenn sie wissen wollen, woher die kleinen Brüderchen und Schwesterchen kommen, dass sie aus diesem Höllbrunnen geholt werden und sich tief unten in einem »Siedel« oder in einer länglichen Kiste befinden.
Auch sonst hat fast jeder Ort einen bestimmten Brunnen, aus dem man die kleinen Kinder holt, z. B. in Ulm aus dem Butzenbrunnen, in Tübingen aus dem Schlossbrunnen, in Derendingen aus dem Brunnen des Pfarrers. Diese Kindlesbrunnen sind immer tief und das Wasser wird heraufgezogen (Ziehbrunnen, »Gallbrunnen«). Nur in Heubach sagt man, dass die Hebamme die kleinen Kinder aus einer Höhle des Rosensteins hole. Dort sei eine weiße Frau, die sie der Hebamme hinreiche.
Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852