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Hungerbrunnen

In Württemberg gibt es viele sogenannte Hungerbrunnen, die nur zu gewissen Zeiten fließen und dann ein unfruchtbares Jahr anzeigen. Sie finden sich besonders häufig auf der Alb, aber auch sonst. Dahin gehört z. B. der merkwürdige »Bröller« bei Hausen an der Lauchert. Im Inneren einer Höhle befindet sich hier ein Wasserkessel, der zuweilen mit furchtbarem Getöse ausbricht und das Tal überschwemmt, was dann immer ein Hungerjahr andeutet.

Bei Altheim (nördlich von Ulm) ist ein Hungerbrunnen, der nur fließt, wenn Teuerung und Krieg ins Land kommen werden.

Andere Hungerbrunnen besuchen sich in Schwenningen, wo der Neckar entspringt, in Friedingen a. d. D., in Heldenfingen (O.A. Heidenheim), in Lonsingen (O.A. Urach). Ferner in Derendingen und Entringen. Der in dem letzteren Dorf lief im Jahre 1845 so stark, dass er fast ein Mühlrad hätte antreiben können. Weiter ist einer in Grantschen bei Weinsberg. Dieser liegt im Tal, unmittelbar an einem Berg und ist in der Regel ganz trocken. Allein im Jahre 1816 und 1845 lief er stark. Die Stelle, wo das Wasser dann hervorquillt, heißt »die Sandäcker«.

Übrigens gibt es auch Brunnen, die, wenn sie ganz voll sind, ein fruchtbares Jahr anzeigen, z. B. ein Brunnen in Hohenberg bei Ellwangen.

Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852