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Das sechste und siebente Buch Moses 1
Eine mündliche Überlieferung aus Derendingen, Rotenburg, Wurmlingen und sonstige
In ganz Schwaben weiß das Volk viel von dem sechsten und siebenten Buch Mosens zu erzählen. Es sind Wunder- und Zauberbücher, welche untrügliche Mittel enthalten, sich unsichtbar zu machen, die Sonne scheinen und Regen fallen zu lassen, Gewitter zu bewirken und dergleichen mehr. Auch sind darin Mittel gegen alle Krankheiten der Tiere und Menschen angegeben. Die Tübinger Universitätsbibliothek soll noch eine uralte Bibel mit diesen beiden Büchern Moses nebst anderen Schriften, die in den gewöhnlichen Bibeln nicht vorkommen, besitzen. Sie liegt aber an schweren Ketten und es ist bei strenger Strafe verboten, diese Bücher zu drucken.
Früher hat einmal jemand darin gelesen, aber zu lange. Da ist er in die Luft geflogen und nicht wieder erschienen.
Ein anderes Mal lasen zwei Studenten darin. Da kam der leibhaftige Teufel zu ihnen und rasselte so gewaltig mit seinen Ketten, dass sie sich entsetzten und laut um Hilfe riefen. Da sagte man ihnen, sie sollten alles, was sie gelesen, nur rückwärts noch einmal lesen, was sie auch sogleich taten, worauf der Teufel verschwunden ist. Seitdem bewahren aber vier Professoren die Schlüssel zu den vier verschiedenen Schlössern, die an jener Bibel liegen, sodass ein Einziger sie jetzt nicht mehr öffnen kann, wie es früher der Fall gewesen war.
Ebenso erzählt man in Bretten, dass bei einem Rabbiner das siebente Buch Moses an einer Kette liege.
Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852