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Die Spinnerin
Mündlich aus Kalw und Hirschau
Zwischen Kalw und Zavelstein liegt am Wege ein Stein, darauf eine Spinnerin mit der Kunkel abgebildet ist. Die wollte mit aller Gewalt am Christabend in den „Vorsitz“ (Spinnstube), und obwohl man ihr sagte, daß das Spinnen an diesem Abend eine schwere Sünde sei, so ließ sie sich doch nicht abhalten und sagte im Uebermuth: „Ich will hin, und wenn mich auch der Teufel holt!“ Sie machte sich auch wirklich mit ihrer Kunkel auf den Weg. Einige Leute aber folgten ihr aus der Ferne und vernahmen alsbald ein heftiges Geschrei und sahen sie nie wieder. Der Teufel hatte sie mit sich in die Luft genommen. Eine Viertelstunde weit von dem Platze, wo der Teufel sie genommen, fand man ihre Spindel und hat sie daselbst nebst der Spindel auf einem Stein, der noch immer die „Spinnerin“ heißt, zum Andenken und zur Warnung für Andere abgebildet.
Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852