<<< vorherige Sage | Kapitel 3 | nächste Sage >>>
Jäger Kuornle
Eine mündliche Überlieferung aus Bühlertann
Der Jäger Kuornle (Konradle), auch Junker Kunz oder Kuonz genannt, war Forstknecht auf dem Einkorn und hatte dafür, dass er alles treffe, was ihm vor dem Schuss komme, seine Seele dem Teufel verschrieben. Dadurch wurde er ein gefürchteter Jäger und kein Wilderer entging seinen Kugeln. Er hielt zugleich eine Schenke auf dem Einkorn und hatte vielen Zuspruch von den benachbarten Ortschaften Komburg, Steinbach, Hall und anderen.
So gab er eines Tages Tanz and Spiel in seinem Haus, wozu sich viele Gäste aus den genannten Orten eingefunden hatten. Als der Reigen nun im vollen Zuge war und die Musik lustig ertönte, wurde Kuornle plötzlich hinausgerufen und ihm gemeldet, es liege unten einer nahen Eiche ein prächtiger Edelhirsch dem Verenden nahe. Sogleich ging Kuornle mit einigen Forstknechten dahin, fand jedoch an dem bezeichneten Platz den Hirsch nicht. Wohl aber war der Boden und das Gebüsch umher zerstampft und zerwühlt. Nun hieß Kuornle die anderen zurückbleiben, indem er sagte, der Hirsch müsse sich nur ins Buschwerk zurückgezogen haben, er wolle ihn jetzt wohl allein finden. Aber kaum war er eine Strecke weit in das Gebüsch vorgedrungen, als seine Begleiter plötzlich ein jammervolles Hilfsgeschrei vernahmen und zu dem Platz hineilten, von welchem her der Ruf erscholl. Hier fanden sie eine große Blutlache. Von dem Jäger Kuornle aber war nichts mehr zu sehen. Seine Zeit war um gewesen. Der Teufel hatte ihn geholt.
Seitdem sagt Kuornle oft bei Nacht durch den Wald und führt die benachbarten Jäger irre. Mit manchen Bauern dagegen soll er sich gutstehen und ihnen bisweilen die Büchsen laden und richten.
In Vellberg und Stöckenburg nennt man den Konradle »Junker Kuonz« und glaubt, er sei eigentlich derselbe wie der Rehberger, mit dem er das nämliche Revier hat.
Quelle: Deutsche Sagen, Sitten und Gebräuche aus Schwaben, gesammelt von Dr. Ernst Meier, Stuttgart, Verlag der J. B. Metzler'schen Buchhandlung, 1852